: Herr der Textmassen: Eine Würdigung von René Pollesch
„Das muss schon irgendwen interessiern, dass ich hier überlebe. Den scheissglobalen Kapitalismus zum Beispiel, oder homogenen Staat, oder Sparpolitik. Möglich, dass die an meinem Überleben interessiert sind. Aber da gibt es ein Misserfolgsrisiko bei dem was du hier lebst. Es könnte sein, das interessiert einfach niemanden. Und deshalb interessieren auch keine Geschichten, oder die Geschichte, die du mir erzählst, zum Beispiel dein Leben, die sind einfach nicht interessant. Da ist das Misserfolgsrisiko einfach zu hoch, dass die Scheisse, die dein Leben ist einfach niemanden interessiert.“
René Pollesch
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Dieser kurze Ausschnitt aus dem 2002 an der Berliner Volksbühne aufgeführten Stück „24 Stunden sind kein Tag“ ist typisch für René Pollesch. Mit seinen überdreht-genialen Textmassen aus scharfsinniger Gegenwartsanalyse, Diskurstheorie und Pop-Versatzstücken hat er das deutsche Theater umgewälzt. Pollesch war ein Solitär, aber auf der Bühne setzte er auf die Kraft des Kollektivs. Seine Lieblingsschauspieler:innen wie Sophie Rois, Martin Wuttke, Kathrin Angerer und Fabian Hinrichs interpretierten die Wortkaskaden frei und durchschwitzten sie mit vollem Körpereinsatz. Andere Regisseur:innen ließ Pollesch nicht an seine Texte. Der Text bleibt, René Pollesch hat ihn verlassen: Der Intendant der Volksbühne ist am Montag mit 61 Jahren gestorben.
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