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Porträt General SyrskyjDer Retter von Kyjiw und Charkiw

Der neue Generalstabschef der Ukraine ist bei weitem nicht so beliebt wie sein Vorgänger. Er gilt aber als effizient.

General Oleksandr Syrskyj Foto: EPA-EFE / Vitalii Nosach

KYJIW taz | Der neue ukrainische Generalstabschef Olexandr Syrskyj hat ein Problem: Er muss sich ständig an seinem Vorgänger Waleryj Sa­lusch­nyj messen lassen.

Den leutseligen, scheinbar immer gut aufgelegten Saluschnyj aus dem zentralukrainischen Schytomyr sieht man in der Ukraine viel mehr als „einen aus unserer Mitte“ an als den im russischen Nowinki geborenen, introvertierten 58-jährigen Syrskyj, der seine Ausbildung in Moskau abschloss, nur mittelmäßig Ukrainisch spricht und dessen Eltern und Bruder in Russland leben, wo sie angeblich Putin-Fans sein sollen.

Der Mann mit dem asketischen Lebensstil gilt als Workaholic, der seine Vorhaben mit mathematischer Genauigkeit plant. Gleichwohl liebe er seine Soldaten mehr als Waffen, sagt er. Menschen seien der höchste Wert für ihn, hatte er einmal dem ukrainischen Sender TSN anvertraut. Erst dann kämen Waffen wie Raketenwerfer, Luftabwehr und Artillerie.

Genau dies indessen nehmen ihm viele nicht ab. Immer wieder zitieren US-amerikanische und britische Medien anonyme Quellen aus der ukrainischen Armee, die ihn als „Schlächter“ und „General-200“ bezeichnen – „200“ steht im postsowjetischen militärischen Sprachgebrauch für Leichentransporte.

Der Retter von Kyjiw und Charkiw

Es gibt indes gute Gründe, warum sich Präsident Selenskyj genau für Syrskyj entschieden hat: Er kann militärische Erfolge vorweisen. Es ist zum größten Teil ihm zu verdanken, dass Kyjiw zu Kriegsbeginn nicht von russischen Truppen erobert wurde. Und auch die Rückeroberung von Teilen des Gebietes Charkiw kann er sich gutschreiben. Weniger erfolgreich indes ist Syrskyj bei Soledar, Bachmut und Awdijiwka gewesen.

Zwar hat Syrskyj seine militärische Ausbildung in Moskau erhalten, doch seine militärische Laufbahn fand in der Ukraine statt. Von 1993 bis 1995 war er in der Ukraine Kommandeur eines Schützenbataillons des 17. Regiments, kommandierte anschließend die 6. Division der Nationalgarde. 2000 bis 2002 war er Stabschef und zunächst erster stellvertretender Kommandeur, später Kommandeur im 8. Armeekorps.

2007 wurde er erster stellvertretender Kommandeur des Gemeinsamen Einsatzkommandos der Streitkräfte, und von 2011 bis 2012 war er der erste stellvertretende Leiter der Hauptabteilung für militärische Zusammenarbeit und friedenserhaltende Operationen des Generalstabs. Anfang 2019 ernannte ihn Präsident Poroschenko zum Chef der militärischen Operationen im Donbass, wenig später machte ihn Nachfolger Selenskyj zum Chef der Armee.

Und Syrskyj ist kein Freund von Verhandlungen mit Russland. Frieden wird es für ihn erst geben, wenn auch auf der Krim überall die ukrainische Fahne weht.

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5 Kommentare

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  • Man muss nur zwei Dinge zusammennehmen aus dem Artikel, dann sieht man, worauf es herausläuft:



    "General 200", der viel zu spät Bachmuth räumen ließ. Dasselbe wird nun in Avdievka passieren.



    Und wenn man dann die Krim nimmt als Ziel...dann werden viele, sehr viele Männer (und Frauen) noch 200er werden. Es ist absolut zum Heulen.



    Die Ukraine erlebt eine demographische und humanitäre Katastrophe.

    • @Kartöfellchen:

      "Die Ukraine erlebt eine demographische und humanitäre Katastrophe."

      Leider kann man dem nur zustimmen.

  • Guter Mann.

  • Der Krieg ist verloren. Das kann Syrskyj auch nicht änder. Zu wenig Männer an einer zu langen Front. Dazu Partner die zwar wortreich Versprechen aber nicht liefern. Die Russen lernen schnell. Sobald es warm wird müssen wir uns leider daran gewöhnen das die Front in Bewegung kommt. Leider in die falsche Richtung.

    • @Kristina Ihle:

      Wir dürfen uns an gar nichts gewöhnen:

      "Dazu Partner die zwar wortreich Versprechen aber nicht liefern."

      Genau das gilt es zu ändern!