Noch einmal ins KaDeWe: Bühnen hinter Samtvorhängen

Das Kaufhaus des Westens ist insolvent. Hingehen und sich umschauen lohnt sich vor allem im zweiten Stock.

Personen mit Einkaufstaschen.

Schnell noch mal hin: KadeWe-Kund:innen in der City-West in Berlin Foto: Stefan Zeitz/imago

Als es während der Coronapandemie wieder möglich war, ins Berliner Kaufhaus ­KaDeWe zu gehen, musste man dafür ein Zeitfenster buchen, das einen Aufenthalt von zwei Stunden erlaubte. Eingehalten hat das vermutlich niemand. Noch verlockender, betörender als sonst schon war die Wirkung all der warenförmigen Versuchungen in jener ereignislosen Zeit. Und zwar egal, ob oder wie viel man am Ende wirklich gekauft hat. Das KaDeWe­ steht nämlich für Luxus, aber für einen, der niemanden von vornherein ausschließt.

Natürlich zieht es die Reichen und Schönen in den Konsumtempel am Wittenbergplatz, aber zumindest um mal gucken zu kommen, auch alle anderen. Sie alle sollen sich auf den rund 60.000 Quadratmeter Fläche sinnlich betören lassen und währenddessen – so das Kalkül – mehr Geld ausgeben, als sie vorhatten. Aufgegangen scheint dieses zuletzt nicht mehr ganz zu sein, zumindest nicht in ausreichendem Maße, um die „exorbitant hohen Mieten“ für die Immobilie stemmen zu können. Das KaDeWe musste Insolvenz anmelden.

Um die üblichen Probleme von Kaufhäusern geht es dabei nicht. Natürlich kann man im KaDeWe auch Socken, Butter oder einen Salzstreuer kaufen, für solche notwendigen Anschaffungen ist es aber eigentlich nicht gedacht. Onlineshopping etwa könnte einen Besuch vor Ort niemals ersetzen, es geht einzig und allein ums analoge Erleben. Dazu gehört für Nost­al­gi­ke­r*in­nen auch der teilweise noch vorhandene trutschige Charme des alten Westberlins. Seit ein paar Jahren befindet sich der schönste Ort aber im zweiten Stock bei der Damenmode.

Im Jahr 2016 hat dort die erste Phase der Renovierung des Hauses begonnen. Die iranisch-französische Designerin India Mahdavi widmete sich jenem Quadranten – das KaDeWe hatte für den Umbau das Haus in solche unterteilt, die nach und nach von jeweils dafür ausgewählten Kreativen umgestaltet wurden. Mahdavi also, die Frau übrigens, die dafür verantwortlich ist, dass vor ein paar Jahren alle auf einmal rosafarbene Sofas wollten, legte, inspiriert von der Formenlehre des Bauhauses, geometrische Linien in Schwarz-Weiß-Grau aus Santamargherita-Kunststein als Fußboden aus.

Diese Musterung setzt sich in der Wandverkleidung der Verkaufsnischen fort. Dazu kombinierte die Designerin Samtvorhänge, die sich so hübsch in Falten legen, als würden sie nicht einfach Wände verbergen, sondern sich hinter ihnen ganze Bühnen öffnen. Duftiges Puderrosa – etwa als Teppichboden – und zartes Lindgrün dominieren in einer Palette aus Farben wie aus einem Visconti-Film. Es gibt Spiegel mit abgerundeten Ecken, niedliche Sitzgruppen und Kleiderstangen aus dreifachen Messingbögen.

Sogar die Umkleidekabinen wirken mondän

Ziemlich mondän wirkt das alles, sogar die Umkleidekabinen. Oder vor allem die Umkleidekabinen, die in Kaufhäusern sonst ja eher unerfreuliche Orte mit fahlem Licht sind. Hier ist das Gegenteil der Fall. Und so sieht auch die Mode gleich noch ein bisschen besser aus. Leider handelt es sich bei derjenigen, die dort hängt, um jene der obersten Preiskategorie, Versace, Jil Sander, Chloé, Alaïa oder Loewe findet man dort unter anderem.

Gefeiert wurde die neue Einrichtung damals mit einer Party während der Fashion Week im Januar 2017, Lars Eidinger legte auf, Stars und Sternchen prosteten sich Champagner zu. Eine Weile her ist da schon. Dass pastellfarbene Auslegware leider den Nachteil hat, dass sie schnell verdreckt, schon gar, wenn tagtäglich Zehntausende mit Straßenschuhen darüber hinweglatschen, kann man mittlerweile sehen. Um praktische Fragen geht es bekanntlich aber nie im KaDeWe. Irgendwie passt das also, und vielleicht gibt es nach der Rettung des Hauses ja auch etwas Budget für ein paar neue Teppiche.

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