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Die WahrheitFauchen, sengen, kiffen

Das Jahr des Drachens beginnt. Aber wie geht es den Fabelwesen selbst damit? Und warum bezweifeln die Menschen ihre Existenz?

Foto: Norman Klaar

Fafnir erwachte mit einem seltsamen Jucken im Federbart. Verdammt, da waren ja schon wieder drei goldene Speere. Er hatte sich offensichtlich nach dem letzten Drachentreffen wieder Jungfrauen eingefangen. Und er konnte sich nicht einmal daran erinnern, wie peinlich er diesmal gewesen war.

Jetzt rollte wahrscheinlich bald die ganze Blechbüchsenarmee an, um ihn zu bestrafen. Das Einzige, was nun noch helfen konnte, war ein Bad in Lorbeersud. Und danach selbstverständlich ein Besuch bei Frau Mahlzahn, bei der er immer Nachhilfe und Goldtaler bekam. Wenn Frau Mahlzahn einmal ein Tröpfchen zu viel vom Ritter-Likör gesüppelt hatte, geriet sie hin und wieder ins Schwärmen von einer längst vergangenen Liebschaft namens Smaug. Aber meistens spielten sie nur zwei, drei Runden „Drachen ärgere Dich nicht“, wobei sie vor Zorn immer wieder losstürmten und mehrere Dörfer versengten.

Aber heute war es anders. Fafnir hatte etwas Ernsthaftes auf dem Herzen, das es zu besprechen galt: Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass es irgendwo auf der Welt einen Wissenschaftler gab, der ihm, dem Drachen Fafnir, die Existenz absprach. Zunächst musste Frau Mahlzahn bei dieser Botschaft einmal tief ein- und ausatmen, wobei sie beim Ausatmen versehentlich ihre Vorhänge in Brand setzte. Dann hustete sie und sprach mahnende Worte.

„Höre gut zu! Du darfst nie zulassen, dass ein Mensch deine Existenz bezweifelt. Gehe zu ihm und zeige dich. Wie heißt der Trottel eigentlich?“ Fafnir antwortete: „Mein Gefühl sagt mir, dass er Professor Doktor Hartmut Sandbaumhüter heißt und in einer unbestimmten Großstadt einen Flohmarktstand mit trockenen Büchern bewacht.“

Damit konnte Frau Mahlzahn eine Menge anfangen. Sie dachte nach, süppelte ein Ritter-Likörchen, legte drei Eier und summte leise „Paff, der Zauberdrachen“ von Marlene Dietrich, bis sie sanft einschlief. Fafnir wusste, dass sie jetzt mindestens hundert Jahre schlafen würde, und er beschloss, zu seinem Cousin Puff zu fliegen.

Das Lotterleben eines am Meer lebenden schwarzen Schafs

Puff war das schwarze Schaf der Familie. Statt eine Ausbildung als Drachentöter-Töter auf der Drachentöter-Töter-Akademie zu machen, hatte er sich für das lustige Leben eines Zauberdrachen entschieden. Und er lebte am Meer. Er sang den ganzen Tag nur „La Mer“ mit der Stimme von Jacques Brel vor sich hin, schlug unentwegt mit seinem Drachenschwanz Muster in den Sand und lebte auch sonst ein Lotterleben.

Und er wartete gezwungenermaßen auf irgendeinen Johnny-Pedro, der ihm von der Staatsanwaltschaft als Bewährungshelfer an den Hals geknallt wurde. Eine Tatzenfessel hatte er auch. Also ein richtig schwarzes Schaf, das auch kiffte und Bier trank. Manchmal guckte er sich dabei sogar Richtersendungen im Unterschichtenfernsehen an. So war er halt, der Puff.

Als Fafnir gerade losfliegen wollte, wurde ihm die Absurdität seiner Si­tua­tion bewusst: Er hatte dieses Jahr gar keine Flügel. Es war das chinesische Jahr des Drachen, und chinesische Drachen haben keine Flügel. Sie sind aber dennoch mit geübtem Blick leicht von Lind- oder Tetzelwürmern zu unterscheiden: Chinesische Drachen haben goldene Haare, Federn oder Schuppen, während Lind- oder Tetzelwürmer mit schlammigem Moos, Moor oder Acker bedeckt sind. Wahlweise auch mit Feldsalat oder Erde. Allen Drachenarten gemeinsam ist die Eigenart, oft Ritterreste halbverzerrter Recken aus den Lefzen­ecken hängen zu haben. Und meistens halten sie jungfräuliche Prinzessinnen gefangen.

Fafnir stieß bei der Erkenntnis, jetzt zu Fuß zu Puff latschen zu müssen, einmal gewaltig auf und vernichtete damit auch das restliche Hab und Gut von Frau Mahlzahn. Die Versuchung, den unbekannten Professor Doktor Hartmut Sandbaumhüter einfach seine Existenz anzweifeln zu lassen und sich keine weiteren Gedanken darüber zu machen, wurde immer süßer …

Am anderen Ende einer unbestimmten Großstadt bewachte derweil der unbekannte Professor Doktor Hartmut Sandbaumhüter seinen Flohmarktstand mit trockenen Büchern und bezweifelte inbrünstig Fafnirs Existenz. „O wie“, so rief er ein ums andere Mal aus, „o wie inbrünstig ich Fafnirs Existenz bezweifle! Und nicht nur die seine! Nein, ich gehe noch weiter: Ich bezweifle die Existenz aller Drachen! Und zwar inbrünstiger als inbrünstig! Für die Stärke der Inbrunst, mit der ich die Existenz dieses unexistenten Gewürms bezweifle, müsste ein neues Wort erfunden werden! Vielleicht ‚verdaustig‘! Oder ‚gorkig‘! Oder sogar rèqíng, was der chinesische Ausdruck für ‚leidenschaftlich‘ ist! Und ich bezweifle nicht nur die aktuelle Existenz von Drachen, nein, nein! Ich bezweifle sogar auch alle vergangenen und zukünftigen Existenzen!“

So bezweifelte er mit der gesamten Kraft seines Herzens und seines Geistes wild gestikulierend die Existenz Fafnirs und seiner Sippe, und die Traube der neugierigen Umstehenden oder umstehenden Neugierigen wurde immer größer. Und es kam, wie es kommen musste: Professor Doktor Hartmut Sandbaumhüter wurde zum inter­na­tio­nal führenden Drachen-Zweifler. Er schrieb Bücher, in denen er die Nicht-existenz von mittlerweile allen Fabeltieren – er hatte sein Spezialgebiet erweitert – theoretisch bewies, er hielt Vorträge rund um den Globus und der Fanatismus seiner Anhänger nahm beinahe bedrohliche Dimensionen an.

Die Emanzipation der kaum erkennbaren Prinzessinnen

Fafnir haute sich für ein Jahr aufs Ohr, und als er wieder erwachte, hatte er ein Paar herrlicher neuer Flügel, mit denen er zu Puff flog, um sich ein bisschen in dessen schlechter Einflusssphäre zu suhlen und den lieben langen Tag „Ring of Fire“ von Johnny Cash zu singen. Doch aus dem geplanten Spaß, ein paar Prinzessinnen zu fangen und Ritter zu knacken, wurde nichts. Wie sich herausstellte, hatten sich die Prinzessinnen inzwischen alle emanzipiert und die Haare schneiden lassen. Sie waren auf männliche Hilfe nicht mehr angewiesen und auch kaum mehr zu erkennen.

Die Ritter hingegen sahen nicht mehr ein, ständig für undankbare Zicken ihre Leben zu riskieren. Sie wollten jetzt mehr auch ihre weiblichen Seiten ausleben und fließende Stoffe in fröhlichen Farben tragen, was sie von eben jenem Professor Doktor Hartmut Sandbaumhüter aus der unbestimmten Stadt gelernt hatten, der für sein Lebenswerk schließlich den Nobelpreis für Drachen-Zweifel bekommen sollte.

Doch just in dem Augenblick, in dem Fafnir und Puff frustriert den Entschluss fassen wollten, ihre Namen in Fuchur und Falkor zu ändern und auf Glücksdrache umzuschulen, fiel in China ein Sack Reis um. Doch das ist eine andere Geschichte, und die wird in Drachenkreisen fauchend erzählt, um die Küken zu erschrecken. Ende.

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9 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Ja was? 🐉 Fan?



    Jede unendliche Geschichte kommt mal zum Ende. Und schon Jim Knopf wusste, dass auch die Dampflok ein Drache ist.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Btw & entre nous only -

      Puff the Magic Dragon - zweistimmig by the Kids - gut gehüteter Mitschnitt - als Trost für den vermißten in der Ferne.



      Bewegend bis hück.

  • Abgefahren!

  • Puff the magic dragon - Peter Paul & Mary - Laßt gehn!



    m.youtube.com/resu...f+the+magic+dragon



    & listen



    “ My armour is like tenfold shields, my teeth are swords, my claws spears, the shock of my tail is a thunderbolt, my wings a hurricane, and my breath death!



    THE HOBBIT, "INSIDE INFORMATION"

    Smaug was a fire-drake of the Third Age, considered the last "great" dragon of Middle-earth. He was drawn to the enormous wealth amassed by the Dwarves of the Lonely Mountain during King Thrór's reign. He laid waste to the nearby city of Dale and captured the Lonely Mountain, driving the surviving Dwarves into exile.

    For 171 years, Smaug hoarded the Lonely Mountain's treasures to himself, staying within the mountain until a company of Dwarves managed to enter the Lonely Mountain and awaken him from hibernation. Correctly believing that the Dwarves had received assistance from the men of Lake-town in entering the Lonely Mountain, Smaug left the mountain to wreak destruction upon Lake-town, nearly destroying it before being slain by Bard the Bowman.

    Biography

    I laid low the warriors of old and their like is not in the world today. Then I was but young and tender. Now I am old and strong, strong, strong.



    THE HOBBIT

    Nothing is known of Smaug before he attacked, in TA 2770, the Lonely Mountain and the town of Dale.“



    ——-



    Inside Information lotr.fandom.com/wiki/Inside_Information



    ——-



    “ Results for ""Fafnir""

    Dragons

    Dragons were ancient, intelligent, powerful creatures, as feared as they were admired in Middle-earth. Their exact origin is debated, though it was clearly stated that they were created by Morgoth in some sense, millennia



    lotr.fandom.com/wiki/Dragons



    Glaurung

    Glaurung (Sindarin: "Gold-worm") was the first terrestrial, fire-breathing dragon in Middle-earth, bred by Morgoth himself in the depths of Angband. He was known as the Father of Dragons and so was possibly



    lotr.fandom.com/wiki/Glaurung



    The Lost Gold of the f

    • @Lowandorder:

      The Lost Gold of the Rhine is the fourth episode of Olivier Simonnet's documentary series Looking for the Hobbit. It tours many castles of legendary significance in western Germany, and explores J.R.R



      lotr.fandom.com/wi...he_Rhine_(episode)

      • @Lowandorder:

        THE DRAGON’S VISIT







        On the cherry-trees the dragon lay



        a-simmering and a-dreaming.



        The blossom was white in the early day,



        but green his scales were gleaming.



        Over the seas he had flown by night,



        for his land was dragon-haunted,



        stuffed with gold and jewels bright,



        but food and sport he wanted.







        ‘Excuse me, Mr. Higgins, please!



        Have you seen what’s in your garden?



        There’s a dragon on your cherry-trees!’



        ‘A what? I beg your pardon!’



        Mr. Higgins fetched the garden-hose,



        and the dragon woke from dreaming.



        He blinked and snorted in his nose



        when he felt the water streaming.







        ‘How cool!’ he said. ‘So good for scales!



        I did not expect a fountain!



        I’ll sit and sing here, till daylight fails



        and the full moon’s mounting.’



        But Higgins runs, on the doors he knocks



        of Miss Biggins and old Tupper.



        ‘Come help me quick! Come Mr. Box,



        or he’ll eat us all for supper!’







        Miss Biggins sent for the Fire Brigade



        with a long red ladder,



        and a brave show their helmets made;



        but the dragon’s heart grew sadder:



        ‘It reminds me of the wicked ways



        of warriors unfeeling,



        hunting us in the bad old days



        and our bright gold stealing.’







        The Captain with his hatchet came:



        ‘Now what d’you think you’re doing?’



        The dragon laughed: ‘Cap’n What’s-your-name,



        I’m sitting here and stewing.



        I like to stew. So let me be!



        Or your church-steeple



        I’ll batter down, blast every tree,



        and you, and eat these people!’







        ‘Turn on the hydrant!’ said Captain George



        and down the ladder tumbled.



        The dragon’s eyes like coals in a forge



        glowed, and his belly rumbled.



        He began to steam; he threshed his tail,



        and away the blossom fluttered.



        But the Brigade were not the men to quail,



        although he growled and muttered.







        With poles they jabbed him from below,



        where he was rather tender:



        ‘Havoc!’ the dragon cried, ‘haro!’



        and rose in splendour.



        He smashed the town to a rubbish-heap,



        and over the Bay of Bimble



        sailors could see the red flames leap



        from Bumpus Head to Trimble.







        ff & Rest

        • @Lowandorder:

          The Higgins was tough, and as for Box:



          just like his name he tasted;



          the dragon threw Tupper on the rocks,



          and said: ‘This munching’s wasted.’



          So he buried hatchet and Captain George,



          and he sang a dirge for Higgins



          on a cliff above the long white shores –



          and he did not Miss Biggins.







          Sadly he sang till the moon went down,



          with the surf below sighing



          on the grey rocks, and in Bimbletown



          the red blaze dying.



          He saw the peaks far over the sea



          round his own land ranging;



          and he mused on Men, and how strange they be,



          and the old order changing.







          ‘None of them now have the wit to admire



          a dragon’s song or colour,



          nor the nerve with steel to meet his fire –



          the world is getting duller!’



          He spread his wide wings to depart;



          but just as he was rising



          Miss Biggins stabbed him to the heart,



          and that he found surprising.







          ‘I regret this very much,’ she said.



          ‘You’re a very splendid creature,



          and your voice is quite remarkable



          for one who has had no teacher;



          but wanton damage I will not have,



          I really had to end it.’



          The dragon sighed before he died:



          ‘At least she called me splendid.’



          - 🏔️ 🚬 🔥 🐉 🔥 ⛰️ - Johnny laß gehn -



          Johnny Cash - 🎸 Ring of fire 🎸 - Live at San Quentin



          www.youtube.com/watch?v=gaY01Y2XzgM

          • @Lowandorder:

            servíce -

            Den Anfang macht ein Gedicht mit dem Titel "The Dragon's Visit". Geschrieben wurde es vermutlich 1928, wurde danach mehrfach überarbeitet und zuletzt 1988 im "Annotated Hobbit / Das Große Hobbit-Buch" von Douglas A. Anderson veröffentlicht (falls jemand die deutsche Ausgabe des Buches besitzt: wurde das Gedicht dort übersetzt?). Es handelt von einem Drachen, der es sich in einem Kirschbaum gemütlich gemacht hat und ein Nickerchen hält. Die Nachbarschaft ist davon allerdings nicht sonderlich begeistert: Sie versucht ihn mit Wasserschlauch, Bauch-Piekserei und Feuerwehr zu vertreiben. Sehr zum Missfallen des Drachen, der sich als unschuldiges Opfer sieht, notgedrungen das Dorf dem Erdboden gleichmacht und die beteiligten Personen entweder auffrisst oder anderweitig dem Tode zuführt. Während er schließlich über die schlechte Welt von heute lamentiert, die nicht mehr die Schönheit eines Drachen zu würdigen weiß, trifft ihn allerdings ein überraschendes Ende... aber lest Üselbst!

            [Eine deutsche Übersetzung findet ihr - vielen Dank, rauko! - hier. Sie bezieht sich leider auf eine ältere Version des Gedichts, in deren Verlauf Miss Biggins stirbt, stört euch einfach nicht dran.]