Die rechteste Tür der Stadt

In der Security des KitKat-Clubs arbeiten mehrere Personen mit Verbindungen in die rechtsextreme Szene. Insider bestätigen die problematische Kultur an der Tür. Wie schon bei früheren Vorwürfen wiegelt die Betreiberin ab

Lange Schlange, obwohl sich längst nicht mehr alle sicher im KitKat fühlen  Foto: Peter Meißner/imago

Von Erik Peter

Die Tür des KitKat steht nicht allen offen. Der sexpositive Club in der Köpenicker Straße in Mitte sortiert am Einlass seine Gäste aus wie alle bekannten Technoclubs Berlins. Doch ausgerechnet im KitKat kann es der so diversen wie internationalen Szene der Stadt und ihren Be­su­che­r:in­nen passieren, auf Türsteher zu treffen, die dem rechtsextremen Hooliganmilieu angehören.

Laut einem vor Weihnachten veröffentlichten ausführlichen Bericht der antifaschistischen Rechercheplattform Exif-Recherche über das Berliner Netzwerk des rechtsextremen Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“ (KdN) – Europas größter neonazistischer Kampfsportveranstaltung – entstammen mindestens drei der Türsteher des KitKat diesem Milieu. Es ist eine Szene aus Hooligans, Kampfsportlern, Rockern und Kriminellen.

Ausführlich geht der Artikel dabei auf Maik Palm ein, dem, wie es heißt, „Dreh- und Angelpunkt der aktiven Hooliganszene des BFC Dynamo“. Er soll schon lange der Hoolszene des Berliner Viertligisten angehören, die schon seit Ost-, besonders aber der Nachwendezeit zu den schlagkräftigsten des Landes zählt – und keinen Hehl aus ihrer rechten Gesinnung macht.

Palm soll ein Kampfsporttrainings in einem Gym leiten, das seine Räume im Erdgeschoss eines Clubhauses der Hells Angels in Biesdorf hat. Dort trainiere er zusammen mit den „Kernpersonen“ des „Rings der Nibelungen“. Ein Foto zeigt ihn mit Alexander Deptolla, einem Dortmunder Nazikader, der als Hauptverantwortlicher des Kampfsportevents gilt, ein anderes im T-Shirt der Neonazi-Marke Label 23.

Auf einem weiteren Foto ist Palm zusammen mit Mark Frese zu sehen, beide in T-Shirts mit dem Aufdruck „KKC-Korps“ – KKC steht für KitKat Club. Frese wird als Teil des rechten Hooligan- und Rockermilieus beschrieben, der zusammen mit Palm und Mitgliedern des KdN-Teams ebenfalls in dem Biesdorfer Studio trainiere und entsprechende freundschaftliche Verbindungen pflege. Als weiterer Türsteher des KitKat wird der Kampfsportler Robert Müller benannt. Auch er soll Kontakte in diese Kreise pflegen. Ein Bild zeigt ihn in einem Shirt der rechtsextremen Modemarke „Thor Steinar“

Aus einer Antwort der KitKat-Betreiberin Kirsten Krüger auf eine Anfrage der taz geht hervor, dass Mark Frese als Security-Unternehmer für sie arbeitet und dieser selbst Mitarbeiter beschäftigt. Über Frese könne sie sagen, dass er „bis vor knapp 20 Jahren in der Hooliganszene Berlins aktiv“ gewesen sei. Zu seinen heutigen Umtrieben sagt Krüger nichts. Zu Robert Müller teilt sie mit, dass dieser in seinem Gym „nicht nur Boxen, sondern auch Selbstverteidigung für Menschen verschiedener sexueller Orientierung“ anbiete. Im KitKat habe er nur aushilfsweise gearbeitet. Krüger schreibt: „Soweit ich das weiß und beurteilen kann, gab es weder bei Herrn Frese noch Herrn Müller je politische Ambitionen.“

Maik Palm kenne sie persönlich nicht, dieser sei lediglich „4- bis 5-mal kurzfristig eingesprungen“. Krüger schreibt, Palms private Verbindungen seien ihr „nicht bekannt“. Sie betont, dass ihre Mitarbeiter ganz verschiedene Hintergründe hätten, und teilt mit: „Ganz grundsätzlich haben wir kein Interesse an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit extremen Positionen. Das widerspricht unserer Philosophie.“ Konsequenzen für ihre Türpolitik aber kündigte sie nicht an.

Für Szene-Insider kommt die Recherche über rechte Türsteher im KitKat nicht überraschend. Laut Maximilian B. von der Initiative Geradedenken, die sich mit rechten und verschwörungsideologischen Strukturen auch in der Clubszene beschäftigt, habe man „schon viel Negatives über die Security gehört“. Die Recherche sei „glaubwürdig“. B. spricht von einem „Haufen breit gebauter, kurzhaariger Männer“, von Kleidung mit „altdeutscher Schrift und mit Deutschland-Aufnähern“.

Er selbst habe „sexistisches Verhalten“ an der Tür erlebt. Demnach habe ein Türsteher über einen Gast nach dessen Eintritt gesagt: „Die würde ich auch gern mal nach hinten ziehen und mir von ihr einen blasen lassen.“ Für Menschen, die im Club rassistische oder sexistische Übergriffe erleben, könne es „schwierig sein, sich an die Türsteher zu wenden“. Das passe nicht zu einem „offenen, bunten und toleranten Feierleben“, für das die Berliner Clubkultur stehe. Generell gelte: „Menschen aus rechten Strukturen haben an der Tür nichts verloren.“

Dem Kitkat bescheinigt B.: „Für einen international bekannten Kinky-Club ist es erschreckend, wie wenig sie sich um die Themen Übergriffigkeit und rechtes Gedankengut kümmern.“ Eine eigene Awareness-Struktur neben der Security hat das KitKat nicht. Diese gibt es nur bei wenigen Fremdveranstaltungen. Den Betreibern wirft B. vor, sich in der Vergangenheit zu ähnlichen Vorfällen nicht klar geäußert zu haben.

Ein Insider, der anonym bleiben möchte, sagt der taz, es handele sich um „eine der anstrengendsten Türsituationen“. Auffällig sei insbesondere sexistisches und queerfeindliches Verhalten der Türsteher. Diese agierten „täterschützend“ und „zweifeln Schilderungen von betroffenen Personen stark an“. Viele queere BiPoc-Personen „fühlen sich an dem Ort nicht mehr sicher“ und würden das KitKat meiden, Der Betreiberin Krüger bescheinigt sie, sie würde „Vorwürfe aussitzen, statt sich damit auseinanderzusetzen“. Auch würde sie „völlig hinter den Türstehern stehen“.

Für breite Kritik hatte der Besuch von Rammstein-Sänger Till Lindemann im KitKat im vergangenen Juli gesorgt. Wie es hieß, sei dieser nach einer Umarmung mit einem Türsteher ohne Taschenkontrolle in den Club gelangt. Gegen Lindemann waren zuvor breite Vorwürfe wegen sexualisierter Übergriffe erhoben worden, die der Sänger bestreitet. Das Kollektiv Geradedenken schrieb damals: „Indem Till Lindemann trotz der aktuellen Vorwürfe im KitKat feiern konnte, hat der Club gezeigt, dass dort Betroffenen sexualisierter Gewalt kein Glauben geschenkt wird.“

„Das passt nicht zum offenen und tole­ranten Feierleben“

Maximilian B., Geradedenken

Vergangenen Oktober waren im Online-Magazin Resident Advisor Vorwürfe von mehreren Par­ty­be­su­che­r:in­nen aufgrund sexueller Übergriffe erhoben worden. Laut der Promoterin DJ Maze habe bei einer Veranstaltung der Party­reihe Symbiotika ein nackter Mann von hinten ihre Hüften gegriffen und sie mehrfach gestoßen. Diesen Vorfall habe sie nicht gemeldet.

Ein weiterer Künstler berichtete dem Magazin, bei einer Party des Kollektivs Gegen begrapscht worden zu sein. Den Türstehern wollte er den Vorfall jedoch nicht melden: „Wenn Leute versuchen, ihnen etwas zu melden, werden sie oft rausgeschmissen“, so die Aussage. Dies sei bei Gegen-Partys in anderen Clubs anders, dagegen sei übergriffiges Verhalten „Teil der KitKat-Kultur“.

2022 hatte ein geplanter Auftritt des Coronaleugners und Dauerdemonstranten „Captain Future“ alias Michael Bründel für Aufsehen gesorgt. Bründel, der mit Neonazis oder Holocaustleugnern kooperiert, sollte als DJ bei der Mystic-Rose-Party auflegen und war erst kurz zuvor vom externen Veranstalter ausgeladen worden. Club-Betreiberin Krüger hatte Bründel auf Facebook als „durchaus unterhaltsam“ bezeichnet. Im P.S. verteidigte sie ihn: „Und Michael Bründel ist nicht rechts. Er würde keinen Schwarzen im Wald liegen lassen. Andere schon.“