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Tier des Jahres 2024Igel bald auf roter Liste

Heiko Werning
Kommentar von Heiko Werning

Sein Bestand sei gefährdet und schuld soll der Mensch sein. Ein Boomer über den links-grün versifften Insektenfresser.

Die Ideologie steht ihm ins Gesicht geschrieben Foto: Jeff Moore/eyevine/laif

D as ist mal wieder typisch: Der Igel ist „Tier des Jahres 2024“. Danke, Ampel! Denn was ist sein auffälligstes Merkmal? Natürlich: Statt eines gepflegten Pelzes trägt er ein räudiges Stachelkleid. Sobald er sich gestört fühlt, rollt er sich beleidigt zusammen und macht vermutlich die ganze Zeit „Mimimi“, was man nur deshalb nicht hört, weil er den Kopf im Inneren seiner Stachelkugel verbirgt. Dafür streckt er einem seine bis zu 7.000 Stacheln entgegen, weil er es partout nicht hinnehmen will, dass man ihn ungefragt antatscht. Der Igel ist die personifizierte Cancel Culture.

Und als Work-Life-Balance-Fanatiker offenbar auch Teil der Generation Z. Tagsüber pennt er, während er nachts um die Häuser zieht und Party macht. Ab November haut er sich ganz aufs Ohr und rührt sich geschlagene fünf Monate nicht mehr. Wegen Überwinterung. Oder wegen Yoga. Auf jeden Fall voll der Achtsamkeitsfreak.

Wenn für den Igel Neujahr ist, ist für uns, die wir den Laden am Laufen halten, schon wieder ein Vierteljahr rum. Da haben wir den Silvesterkater schon kuriert, den Dry January erfolglos abgebrochen, das Abo im Gym gekündigt und uns zu Karneval wieder gründlich abgeschossen. Unnötig zu erwähnen, dass der Igel in seinem Nest zudem auf jede ordentliche Öl- oder Gasheizung verzichtet und stattdessen auf eine perfekte Öko-Isolierung setzt.

Natürlich sind die Bauern schuld

Von der Deutschen Wildtier-Stiftung wurde er zum Jahrestier gewählt, weil seine Bestände zurückgehen. Wegen aufgeräumter Agrarlandschaften, die „die früher üblichen Hecken, Gehölze und artenreichen Magerwiesen verdrängt“ haben.

Magerwiesen, das klingt ja schon wie Veggie Day! Und natürlich sind unsere rechtschaffenen und Not leidenden Bauern schuld. Aber wir wollen nun mal nicht Würmer und Schnecken fressen wie der Igel, sondern ordentliche Steaks. Dafür braucht man halt eine moderne Landwirtschaft, da kann er sich gehackt legen.

Was er auch regelmäßig macht, denn: „Nachtaktive Mähroboter werden den Stachelträgern auf ihren Streifzügen zum Verhängnis.“ Soll er doch besser aufpassen! Und nicht nur das: „Ordnungsliebende Gärtner gefährden mit Rasentrimmern Igel, die tagsüber an Heckensäumen und Strauchrändern schlafen“.

Das Hippie-Vieh will also, dass wir unsere Gärten verwahrlosen lassen? So sieht’s aus: „Wer das Tier des Jahres 2024 im eigenen Garten unterstützen möchte, muss nicht viel tun. Im Gegenteil: Igel mögen wilde Ecken.“

Die letzte Generation naht

Und den Verkehr sollen wir für ihn am besten auch noch lahmlegen, denn: „Auf unseren Straßen werden unzählige Igel überfahren.“ Da bekommt das 2023 so populäre Auf-der-Straße-Kleben plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Für den Igel jedenfalls naht die letzte Generation wirklich, weshalb er wohl bald auf die Rote Liste der gefährdeten Arten gestellt werden muss.

Außerdem gehört er zu diesen urbanen Milieus, die von den Sorgen der Landbevölkerung keine Ahnung haben. Denn tatsächlich leben inzwischen in Städten etwa neunmal mehr der Stacheltiere als auf dem Land. Aber selbst da ist nicht überall Bullerbü.

Schottergärten und Pestizide passen den Sensibelchen auch wieder nicht, und dann verlangen sie natürlich offene Grenzen: „Hermetisch abgeriegelte Grundstücke mit undurchlässigen Zäunen oder Mauern sind für sie verlorener Lebensraum. Soll der Garten umzäunt sein, reicht es, ein etwa 13 mal 13 Zentimeter großes Loch im Zaun zu lassen“ – aber nur mit Grenzkontrolle!

Nicht dass am Ende noch ein Fischotter durchkommt. Der wurde vom WWF gleichzeitig zu einem der Gewinner des Jahres 2023 erklärt. Weil die streng geschützte Art sich in Bayern weiterhin ungehemmt ausbreiten darf.

Nur mit Grenzkontrolle

Die Landesregierung unter Markus Söder hatte eine Art robuster Integrationsgrenze verhängt und die Tiere ab Dezember 2023 zum Abschuss freigegeben. Das Bayerische Verwaltungsgericht stoppte die Verordnung in letzter Minute. So wird sich die Zahl der Fischotter wohl auch im Jahr 2024 weiter erhöhen.

Aber vielleicht sollte man die Deutschen auch nicht unterschätzen: Immerhin 75 Prozent von ihnen begrüßen die Rückkehr des Fischotters – und selbst in Bayern sind es noch rund zwei Drittel. Von so viel Unterstützung kann Markus Söder jedenfalls nur träumen.

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Heiko Werning
Autor
Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).
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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ach was! ©️ Vagel Bülow

    “Statt eines gepflegten Pelzes trägt er ein räudiges Stachelkleid…& die Bauern sind Schuld.“ •

    Liggers. Als selbige 🧑‍🌾👨‍🌾👩‍🌾 stolz auf ihre Silage waren “hier - kannste essen - (fast) wie Sauerkraut“ (🥴) - und sie in flachen gemauerten Becken “ansetzten“ - ehe sie viel später den Grünkram mit den ubiquitären Plastikplanen überdeckten und den ganzen Kram mit dem Trecker plattcurvten!



    Gewahrte ich Grünschnabel einen deutlich jüngeren JungIgel in so einer Wanne - hilflos krabbelnd - nix 🧗‍♂️ - !



    & Däh



    Mit mir konnte mans ja machen! Woll Damals!;)



    De Buur - Naucke - Vaddern un miin Lieblingsonkel - ein Schlusuhr von Gnaden & - hier kommt das räudige Fell ins Spiel! “Dat witte an dee Been - is noch week! Dor kanns gau anlangen!“



    Nù. Vorsichtig näherte ich mir!



    Ich sach es dir!



    Und “Autsch“ - fluchte ik nich schlech!



    Dat witte wörn schonn Stacheln - in ech!



    Na und - Meine zarten Stadtkindfinger!



    Der stechend Schmerz => kein geringer!

    Naucke hielt sich den Bauch vor Lachen



    Liggers. Mitn Schüffel sutsche war es dann zu machen!



    Trippelnd 🦔 begab er sich von hinnen:



    Silage ade - schnell Land gewinnen!



    Denke: SH Knicklandschaft trotzalledem



    För denn Swiinegel kommod - bequem.

    unterm——



    Den Igel nennt man wegen seines lauten Schmatzens auf Platt Swienegel.



    & servíce



    Silage, auch Silofutter, Gärfutter, Sauerfutter oder selten Ensilage genannt, ist ein durch Milchsäuregärung konserviertes Futtermittel für Nutztiere, vor allem für Wiederkäuer, da sie durch die Fermentation der Nahrung im Pansen auch in der Lage sind, Strukturkohlenhydrate zu verdauen.



    de.wikipedia.org/wiki/Silage



    Frauman beachte das Fotto =>



    Industriealisierte Landwirtschaft 🧑‍🌾🧑‍🌾



    &



    Bewaffneter Friede - 🦔 & 🦊 -



    www.aphorismen.de/gedicht/86868



    & jedoch - Hernach - 🐇 🦔 🦊 & Däh!



    “Der unverschämte 🦔 - “



    www.zeno.org/Liter...rsch%C3%A4mte+Igel

  • Wie bitte?



    Markus Söder nach Urteilsspruch von Fischotter erschossen?



    Da bleibt im Unklaren, ob das jetzt Zweidrittel oder Fünfundsiebzigprozent gut finden.



    Ich sag dann ja immer: de mortuis nihil nisi bene!



    ( Unbestätigten Berichten zufolge hatte die in Bayern produzierte Erbsenpistole eine Ladehemmung und Markus S. ist unter falschem Namen bei Bibern in Bremen untergekommen.)



    Eilmeldung:



    Hase und Igel wünschen gute Nacht!

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Philippo1000:

      „Hase und Igel wünschen gute Nacht!"



      Dat wör in Buxtehude. „lögenhaft to vertellen“



      de.wikipedia.org/w..._und_der_Igel#Stil

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Liggers. Kein Wunder. Wo da doch die Hunde mit den Schwänzen bellen.

        altstadtverein-buxtehude.de/die-hunde/

        (ps Danke für Zitat und link - jetzt weiß ich endlich - woher der Familienschnack herstammt!;)

  • Bleibt anzumerken, dass einer der größten "links-grün-versifften" Aktivisten in meiner Verwandschaft, Gymnasiallehrer, drei bis viermal im Jahr mit seinem Auto in den Urlaub fährt (Frankreich, Alpen, etc), sich aber ansonsten schwer gegen CO2 einsetzt. Da er zumeist nachts in den Urlaub startet, dürfte er wohl auch den einen oder anderen Igel auf dem Gewissen haben.



    Und wieviel Prozent der stromverbrauchenden Rechenzentren braucht es inzwischen für die Infrastruktur des Internetkonsums der klimasensitiven Aktivisten?



    Deswegen merke: es bedarf nicht einmal einer solchen (wirklich guten) Igelsatire wie hier. Real life schießt noch immer den Vogel ab.

    • @Werner2:

      Links-grün-versifftes Autofahren wäre immer noch besser als Fliegen.

      • @Hanno Homie:

        Stimmt - ich vergass die Klassenfahrten mit dem Flugzeug

  • Trauriges Thema, köstlicher Schreibstil, Danke.



    Wir haben seit Jahren im Garten in der Wildblumenwiese einen dauerhaften Äste/Zweige/Laubhaufen, da überwintert immer ein Igel. Ein wuseliges, wunderschönes Tier, mit der Zeit legt es sogar etwas seine Scheu ab und räubert am Katzenfutter.

  • Armer Igel. :(