Mitglied der Todesschwadron aus Gambia: Lebenslange Haft für Lowe
Bai Lowe gehörte in Gambia einer Todesschwadron an. Jahrelang tötete diese für den Diktator Regimegegner. Jetzt wurde er in Deutschland verurteilt.
Der 1975 geborene Bai Lowe gehörte während der Diktatur des 2017 gestürzten Militärherrschers Yahya Jammeh in Gambia der militärischen Killereinheit „Junglers“ an, die im Staatsauftrag unliebsame Personen beseitigte. Die Junglers waren direkt dem Präsidenten unterstellt. Lowe war für die Einheit als Fahrer tätig.
2012, als er selbst seine Festnahme fürchtete, reiste er nach Deutschland aus, von wo aus er 2013 in einem Interview mit der gambischen Exilzeitung Freedom Newspaper seine Verbrechen beichtete – an erster Stelle den Mord am Journalisten Dayda Haydara, Chefredakteur der Oppositionszeitung The Point und Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP, am 16. Dezember 2004. „Mein Job war, die Mitglieder des Mordteams zu fahren, um den Mord an Hydara auszuführen“, erzählte Lowe.
Am 16. März 2021 wurde Lowe in Hannover festgenommen, am 25. April 2022 begann in Celle der Prozess. Zur Last gelegt wurde ihm neben dem Hydara-Mord auch die Ermordung des oppositionellen Soldaten Dayda Nyassi im Jahr 2006 sowie der Mordversuch an Rechtsanwalt Ousman Sillah Ende 2003.
Lowe streitet alles ab
Hilfreich war dabei, dass Bai Lowe auch im Abschlussbericht der gambischen Wahrheitskommission TRRC, die nach Jammehs Sturz die Verbrechen der Diktatur untersuchte, als Jungler genannt wird und namentlich für den Mord an Hydara und den Mordversuch an Sillah verantwortlich gemacht wird. Außerdem nahm er demnach 2005 an einem Massaker an rund 50 westafrikanischen Migranten teil, die auf dem Weg nach Europa in Gambia gestrandet waren. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des deutschen Verfahrens gewesen.
Mehrere Opfer sowie ehemalige Junglers sagten in Celle aus. Bai Lowe selbst äußerte sich erst spät und stritt alles ab: Er sei bloß Fahrer gewesen, sein Enthüllungsinterview sei eine Lüge gewesen, zu der ihn sein Interviewer gedrängt habe. Das Gericht wertete dies als „Schutzbehauptung“. Aus Zeugenaussagen, Lowes Interview und den TRRC-Protokollen habe man „die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewonnen“.
Gambische Menschenrechtsorganisationen hoffen nun, dass das deutsche Urteil – das erste weltweit wegen der Verbrechen des Jammeh-Regimes – einen Impuls zu einer breiteren Aufarbeitung gibt. „Dieses Urteil sendet eine laute Botschaft“, sagte nach der Urteilsverkündung Baba Hydara, Sohn von Dayda Hydara, der im Prozess als Nebenkläger aufgetreten war. Es müssten nun auch die „großen Fische“ vor Gericht landen.
Die Journalistenorganisation RSF (Reporter Ohne Grenzen) betont, dass das Urteil die Taten als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ wertet, also als Teil eines „ausgedehnten“ oder „systematischen“ Angriffs auf die Zivilbevölkerung, mit Yahya Jammeh als Auftraggeber. Gambias Regierung, kritisiert Baba Hydara, habe bisher „nichts“ unternommen, um Jammehs Auslieferung aus seinem Exil in Äquatorialguinea zu erreichen.
Einen Prozess gegen Jammeh empfahl bereits Gambias Wahrheitskommission TRRC in ihrem zu Weihnachten 2021 vorgelegten Abschlussbericht, ebenso Reparationszahlungen für Jammehs Opfer. Im Mai 2023 versprach Gambias Präsident Adama Barrow, die TRRC-Empfehlungen umzusetzen, und kündigte dafür EU-Finanzhilfen von neun Millionen Euro an. Im Gespräch ist ein hybrides Tribunal der Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft).
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