piwik no script img

Textilwirtschaft in BangladeschBoss und Vaude wollen mehr

Der Mindestlohn in Bangladesch wurde angehoben. Hiesigen Textilhändlern reicht das nicht. Auch vor Ort halten die Proteste an.

In Bangladesch haben Tausende Beschäftigte der Textilbranche für eine bessere Bezahlung ihrer Arbeit protestiert. Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei Foto: Habibur Rahman/dpa

Berlin/Mumbai taz | Europäische Textilhändler setzen sich dafür ein, dass der Mindestlohn in Bangladesch weiter steigt. Die kürzlich dort verkündete Lohnanhebung halten die Firmen nicht für ausreichend. „Wir unterstützen einen höheren Mindestlohn, der die Grundbedürfnisse der Ar­bei­te­r:in­nen und ihrer Familien abdeckt.“ Die Forderung stammt von der Organisation Act, der Unternehmen wie C&A, Esprit, Inditex, Lidl, Primark, Tchibo, Zalando und der internationale Gewerkschaftsbund Industrieall angehören.

Die staatliche Mindestlohn-Kommission in Bangladesch hat kürzlich verkündet, die Untergrenze werde von 8.000 Taka (66 Euro) monatlich auf 12.500 Taka (104 Euro) steigen. Gewerkschaften der Textilbeschäftigten in dem asiatischen Land, das einen guten Teil der hier verkauften Kleidung herstellt, verlangen dagegen 23.000 Taka (191 Euro).

In einem Brief an die Regierung von Bangladesch und den dortigen Arbeitgeberverband der Textilindustrie plädieren weitere deutsche Unternehmen für eine bessere Bezahlung der Ar­bei­te­r:in­nen in den von ihnen beauftragten Zulieferfabriken. Unter anderem Boss, KiK und Vaude weisen darauf hin, dass 23.000 Taka pro Monat nötig seien, um über die Armutsgrenze zu kommen.

Die Stimmung in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, ist weiter angespannt. Auch während der Schnäppchenwoche Black Week kam es zu Protesten. Zudem jährte sich am vergangenen Freitag der Brand bei Tazreen Fashions, bei dem 2012 mindestens 112 Menschen starben. Nä­he­r:in­nen machten in den vergangenen Tagen auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam.

Mindestlohn stieg zuletzt 2018

Bangladesch steht wenige Wochen vor den Parlamentswahlen, die ohnehin unruhige Zeiten versprechen. Zwar laufen die Textilfabriken nach heftigen Protesten mit mindestens vier Toten wieder. Doch der Unmut über den neuen Mindestlohn, der ab Dezember gilt, bleibt. Die Proteste begannen im Oktober, als der Verband der Textilhersteller vorschlug, den Mindestlohn nur geringfügig zu erhöhen. Seit 2018 war er nicht mehr gestiegen.

Die Fronten sind verhärtet, wie die Inhaftierung des Gewerkschaftsführers Babul Hossain von der Bangladesh Garment Workers Solidarity zeigt. Hossain rief Kol­le­g:in­nen auf, auf eine bessere Arbeitsgesetzgebung und einen höheren Mindestlohn zu dringen. Seine Kollegin Taslima Akter glaubt, er wurde verhaftet, um die Bewegung zu stoppen. Premierministerin Sheikh Hasina kündigte am Sonntag ein hartes Vorgehen gegen Brandstifter an, um Leben und Eigentum zu schützen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare