Berliner CDU schwebt davon

Fraktionschef Dirk Stettner will eine Magnetschwebebahn – finanziert aus dem Klima-Sondervermögen

Von Rainer Rutz

Das „Sondervermögen Klimaschutz“ ist keineswegs in trockenen Tüchern. Der Fantasie der schwarz-roten Koalition, was man mit der gewaltigen Summe von 5 Milliarden Euro alles anstellen könnte, tut das keinen Abbruch. Neu auf dem Wunschzettel ist seit dem Wochenende eine Idee von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner: Er will mit dem Geld unter anderem den Bau einer Magnetschwebebahn in der Innenstadt finanzieren.

Stettner schwebt eine fünf bis sieben Kilometer lange Pilottrasse vor, aufgeständert, hoch über den Straßen Berlins. Wo genau diese verlaufen könnte, wolle er nicht vorwegnehmen. Das müssten Ex­per­t:in­nen klären, sagt er auf Nachfrage. Sicher sei, dass Berlin davon profitieren würde. Eine Magnetschwebebahn-Strecke sei zudem „mindestens so schnell“ errichtet wie eine neue Straßenbahntrasse, „wenn nicht sogar schneller“, glaubt Stettner. „Die Anbieter sagen, sie bauen das in zwei Jahren.“ Und „relativ preiswert“ sei das Projekt obendrein, jedenfalls „deutlich preiswerter als der Neubau einer U-Bahn im Innenstadtbereich“. Stettner geht von 85 Millionen Euro Gesamtkosten aus.

Zum Vergleich: Die U5-Verlängerung über den Alexanderplatz hinaus schlug mit rund 265 Millionen Euro zu Buche – pro Kilometer. Zwar pflegt die Koalition weiter ihr Faible für U-Bahn-Verlängerungen und neue Linien. Auch der CDU-Fraktionschef beharrt darauf, dass Schwarz-Rot in den kommenden Jahren massiv in den Ausbau investieren will. Zusätzlich will er aber mal „optimistisch“ groß und weiter denken. „Und wenn die Magnetschwebebahn sinnvoll angelegt ist, dann ist es ein Thema für das Sondervermögen“, so Stettner.

Dass das in der vergangenen Woche ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Bundesregierung 2021 Gelder aus dem Corona-Sondervermögen nicht hätte umschichten dürfen für Klimazwecke, Auswirkungen auf den sondervermögenden Berliner Milliardentraum haben könnte, hält Stettner für unwahrscheinlich. Er nehme das locker: „Wir sehen hier keine Beeinflussung unseres Sondervermögens.“ Also sei auch der Weg frei für die Magnetschwebebahn.

Beim Umweltverband BUND ist man auf Nachfrage konsterniert. „Ich dachte zuerst, das ist Satire“, sagt Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser zur taz. Er könne sich kaum vorstellen, dass dieser „Irrsinn“ von den Umwelt- und Ver­kehrs­po­li­ti­ke­r:in­nen der Union mitgetragen werde. „Wenn doch, dann sollte die CDU sofort aufhören, das Wort Klimaschutz in den Mund zu nehmen.“ Die vorgeschlagene Finanzierung der Bahn über das Sondervermögen sei „eine Verhöhnung aller Berlinerinnen und Berliner, die sich für den Klimaschutz engagieren“.

Die Mittel aus dem Sondervermögen Klimaschutz müssten auch für Klimaschutz eingesetzt werden, für die Wärmewende, energetische Sanierungen von Gebäuden, das Einsparen von CO2. „Auf keinen Fall darf dieses Geld verwendet werden für irgendwelche Großprojekte aus Beton, die gar keinen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten.“

Ähnlich argumentieren die Grünen. Aus Sicht von Oda Hassepaß, der verkehrspolitischen Sprecherin der Fraktion, hebe die CDU mit dem „neuen windigen Vorschlag“ jetzt endgültig ab. Stettner zeige „auf ferne Luftschlösser, um naheliegende Lösungen, wie den Ausbau der Tram oder der Radwege zu verhindern“. Das, sagt Hassepaß, sei letztlich nur „damit zu erklären, dass stur auf Politik für Autos gesetzt wird statt wie in anderen Metropolen auf Hitzeschutz, Lebensqualität und Sicherheit“.

Genau genommen ist die Vision einer Magnetschwebebahn auch alles andere als neu. Schon 2020 hatte die CDU in einem Verkehrskonzept erklärt, dafür sorgen zu wollen, „dass das umweltfreundliche und leise Verkehrssystem bei Erweiterungen des ÖPNV-Netzes zum Zuge kommt – beispielsweise bei der weiteren Erschließung des BER“. Von einem „Leuchtturm für Berlin“, hatte damals CDU-Chef Kai Wegner gesprochen. Tatsächlich war das Interesse an dem Leuchtturm gering. Zuletzt hatte selbst CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner wiederbelebten Überlegungen für eine Schwebebahn zum Hauptstadtflughafen eine deutliche Absage erteilt.

BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser geht davon aus, dass auch Stettners Magnetschwebebahnpläne alsbald in der Schublade verschwinden. „Das ist ja pure Zeitverschwendung, sich überhaupt damit zu beschäftigen.“