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Nachruf auf Golfansager Ivor RobsonDie Stimme des Golfsports

41 Jahre lang hat Ivor Robson bei den British Open die Ansagen gemacht. So richtig gekannt hat ihn dennoch kaum jemand. Nun ist er gestorben.

Immer auf der Höhe der Zeit: Ivor Robson am Sprecherpult Foto: Action Plus/imago

I m deutschen Fernsehen gab es lange sehr wichtige Ansager und vor allem Ansagerinnen, etwa Irene Koss oder Mady Riehl, die „lebendigen Visitenkarten“ der jungen Sender. Sie kündigten in großer Sachlichkeit nichts als nachfolgende Sendungen an. Manche hatten Kultstatus, ohne dass man heute recht sagen könnte, warum. Weil sie halt eine Konstante waren. Und weil sie eben unfallfrei mitteilen konnten, ob jetzt die Freakshow „Aktenzeichen XY“ kommt oder Werner Höfers „Internationaler Frühschoppen“ mit sechs Journalisten aus sieben oder heute sogar acht Ländern.

Im deutschen Sport hatte Joachim Fuchsberger selig als Sprecher im Olympiastadion von München 1972 eine Sonderrolle: diese freundliche und friedlich neutrale Sprache, die es schaffte, das Kürzel DDR ohne Anführungszeichen klingen zu lassen. Ansonsten gibt es Stadionsprecher im Fußball (heute vielmals Stadionschreihälse), von denen der dezente Robert Moonen bei Alemannia Aachen gerade in seiner 52. Saison unterwegs und wahrscheinlich Weltrekordhalter ist.

Im Golf gab es 41 lange Jahre lang auch einen ganz besonderen Ansager: Ivor Robson. Der sagte vor den Open, wie die British Open mit allem insularen Understatement bis heute heißen, an einem Stehpult am ersten Abschlag die Spieler an.

Mit ungewöhnlicher Modulation, diese aber in immer gleichem Timbre und mit immer gleichen Worten. „This is game number six. On the tee from Germany, Börnhard Längr.“ Vorname gern ungewöhnlich hoch, Nachname sachlich tiefer hinterher. Dies und nichts anderes. Applaus, Abschlag, der Nächste bitte: „On the tee from Northern Ireland …“ Den ganzen Tag lang, same procedure, Open um Open. Dinner for One am Golfplatz.

Warmherzige Nachrufe

Jetzt ist der Mann gestorben, mit 83 Jahren. Die Briten sind untröstlich, überall setzt es warmherzige Nachrufe. Aufgehört hatte Ivor Robson erst 2015. Viele haben versucht ihn zu imitieren, auch Spieler scherzhaft. Die Times schrieb jetzt: „Für einen Mann, der so oft nachgemacht wurde, war Ivor Robson tatsächlich unnachahmlich.“ Angeblich hat er mit der seiner warmen Stimme genau 18.995 Profis angesagt.

Robson war im fortgeschrittenen Alter ein ebenso weißhaariger Mann mit strengem Seitenscheitel, wie es auch der legendäre Fußballtrainer Bobby Robson war (verstorben 2009), der immerhin acht Jahre lang auch die Three Lions von Misserfolg zu Misserfolg coachen durfte. Ein wenig muss der Name Robson eine Rolle spielen: Beide Robsons waren immer von ausgewählt freundlicher Noblesse, jovial britisch, höflich, zugewandt.

Ivor, der Golf-Robson mit immer ein wenig charmant-insularem Gesterngehabe, trug immer dunkelgrünes Jackett, den Windsor-Schlips wie angewachsen, perfekt verknotet und sprach pflichtgemäß mit leicht steifer Oberlippe. „On the tee …“ Für alle war es ein Privileg, von ihm genannt zu werden, ob mehrfacher Major-Sieger oder nervöser Qualifyer von 20 jungen Jahren.

Warum Ivor Robson war, wie er war, weiß niemand so recht. Eines Tages, 1975, war er nach einem Vorsprechen bei den Open einfach da und blieb. Er sprach alle Namen stets garantiert fehlerfrei, packte seine Sachen und fuhr wieder in sein südschottisches Domizil ins Dorf Moffat. Über sein Privatleben haben auch die tabloids nie groß etwas herausgefunden. Interviews gab er fast nie. Sein genaues Geburtsdatum: unbekannt. Immerhin gilt Geburtsland England als gesichert. Manche behaupten, er sei mit einer Lesley verheiratet gewesen.

Der Letztangesagte bei den Open war 2015 in St. Andrews der Ire Paul Dunne, ein historischer Adelsschlag für ihn. Ja, und warum eigentlich nicht von Sir Ivor Robson? Namensvetter Sir Bobby Robson war auch ehrengetitelt worden. Also bitte: Seine Majestät King Charles III. sollte unbedingt posthum tätig werden bei der verstorbenen Visitenkarte der Open: „Late on the agenda from Southern Scotland Sir Ivor Robson.“

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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