Kunstsammler Harald Falckenberg ist tot: Ein Kaufmann mit barocken Zügen

Kunst interessierte Harald Falckenberg nicht als spekulative Anlage, sondern als Anregung. Kurz nach seinem 80. Geburtstag ist er gestorben.

Ein Mann lehnt an einem Block

Unternehmer, Jurist, Kunstsammler und Kulturförderer: Harald Falckenberg Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURG taz | Einen Monat nach seinem 80. Geburtstag ist am Montag Harald Falckenberg verstorben. Er galt als einer der 200 wichtigsten privaten Kunstsammler weltweit. Angefangen hatte der promovierte Jurist, Verfassungsrichter und Hamburger Unternehmer erst mit 50 Jahren.

Kunst als spekulative Geldanlage interessierte ihn nicht. Auch wenn es ihm bei Wiederverkäufen zur Umstrukturierung der Sammlung geholfen hat, die teils in absurde Höhen gestiegen Preise auf dem Kunstmarkt hat er immer kritisiert. Zeitgenössische Kunst ab den 70er- und 80er-Jahren war für ihn wesentlich kritisches und ironisches Material, ihm ging es um größere Werkkomplexe von meist subversiven Künstlern, um Entdeckungen oder Neubewertungen von Außenseitern. Die Sammlung war ein Experimentierfeld für seine eigene Erfahrung, dessen Bedeutsamkeit seit der ersten musealen Präsentation in Leipzig 1999 dann auch anderen eröffnet wurde.

Je intensiver Harald Falckenberg sich auf die Kunst einließ, desto mehr reizte es ihn, den Kunstbetrieb mitzugestalten. Er war lange Jahre Vorsitzender des Hamburger Kunstvereins, er publizierte Essays zur Kunst und kuratierte Ausstellungen. Er förderte die Vermittlung, erwarb den Mehrheitsanteil des Merve-Verlages und sicherte 2008 dem Verlag Philo Fine Arts mit seiner Fundus-Reihe zur Kunsttheorie das Überleben. Auch wurde er ehrenamtlicher Professor an der Hochschule für bildende Künste. Als Jurist hatte er ein Gespür für subjektives Unrechtsempfinden und überflüssige Regelungen. Er kritisierte die in Berlin gesetzten kunstpolitischen Rahmenbedingungen und forderte beim Kulturgutschutzgesetz und den Steuerregelungen größere Freiheiten.

Seit 2007 richtete er in der ehemaligen Phoenix-Fabrik in Harburg eindrucksvolle Räume für seine Sammlung ein. Alles wurde ab 2011 der Stadt Hamburg als Leihgabe überlassen und von den Deichtorhallen als Außenstelle betrieben. Der Ausstellungsinstitution standen nun im internationalen Leihverkehr auch Tauschobjekte zur Verfügung. Zudem konnte der Ort ein Kristallisationspunkt der Harburger Kulturentwicklung werden mit einem weiteren Kunstverein und Galerien.

Widerständige Kunst als Anregung

Für einen Hamburger Kaufmann hatte Harald Falckenberg ungewöhnlich barocke Züge, er war ein scharfgeistiger Gesprächspartner, ein großzügiger Gastgeber, machte Vernissagen zu großen Festen. Im Hintergrund half er nicht nur vielen jungen Talenten mit Rat und Tat und Geld, auch für die Hamburger Kunsthalle beteiligte er sich an der Finanzierung von Ankäufen als Partner der Förderstiftung F&W.

Die etwa 2.400 Arbeiten der internationalen zeitgenössischen Kunst verbleiben nun vertragsgemäß nur bis 2032 als Leihgabe bei den Deichtorhallen. Alles Weitere muss Hamburg mit Falckenbergs Erben verhandeln. Es gilt, die Erinnerung zu bewahren, an einen besonderen Kulturförderer, der die Groteske liebte, dem Tabus und übervorsichtige Sprachregelungen ein Grauen waren und der gegen Eventkultur und Marktgeprotze die unkonforme Kunst gerade in ihrer Widerständigkeit als unersetzbar vielfältige Anregung begriff. Für seine Positionierung Hamburgs auf der Weltkunstkarte hätte ihm die Ehrenbürgerwürde zugestanden.

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