Spannungen mit Belarus: Lettland verstärkt Grenzschutz
Belarus schickt laut Polizei „illegale Einwanderer“ in die EU. Mehrere Mitgliedsstaaten reagieren darauf mit Pushbacks.
Polen und Litauen hatten bereits Mitte Juli eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen an der EU-Außengrenze angekündigt. Polen hat eine circa 420 Kilometer lange Grenze und Litauen eine fast 700 Kilometer lange Grenze mit Belarus, einem Verbündeten Russlands. Begründet wird es von den Politikern der Nato-Ostflanke auf der Grundlage eines „hybriden Kriegs“ beziehungsweise einer Instrumentalisierung seitens des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko.
In einer Pressemitteilung schrieb die lettische Grenzschutzpolizei, dass belarussische Behörden bei der Entsendung von „illegalen Einwanderern“ Richtung EU-Grenze „mitbeteiligt“ seien. „Es sind Informationen eingegangen, die auf eine mögliche Zunahme des Hybridrisikos hinweisen“, so die lettische Grenzschutzpolizei. Nach Angaben des Innenministeriums in der lettischen Hauptstadt Riga versuchten 5.800 Menschen in diesem Jahr irregulär die Grenze zu überschreiten – 292 von ihnen wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt.
Die 3.000 Wagner-Söldner, die nach Angaben des belarussischen Verteidigungsministers seit Ende Juni in Belarus stationiert sind, wurden in der Pressemitteilung der lettischen Polizei nicht erwähnt. Ihre Präsenz im EU-Nachbarland wurde von der polnischen Regierung als Hauptargument benutzt, um Soldaten an die belarussische Grenze zu senden. Warschau befindet sich mitten im Wahlkampf, denn in zwei Monaten, am 15. Oktober, wird das neue Parlament gewählt. Zum Freitag, den 18. August wird Litauen zwei der sechs Grenzübergänge zum Nachbarland vorübergehend schließen. Die Regierung in Vilnius entschied am Mittwoch, die Kontrollpunkte Šumskas and Tverečius bis auf Weiteres dichtzumachen. Die Entscheidung begründete die litauische Innenministerin Agnė Bilotaitė als eine „Präventivmaßnahme, um die Bedrohungen der nationalen Sicherheit und mögliche Provokationen an der Grenze einzudämmen“.
Tägliche Pushbacks
Anfang dieser Woche nahm der polnische Geheimdienst zwei mutmaßliche russische Agenten fest, die rund 300 Anwerbezettel für die Wagner-Söldnertruppe in Krakau und Warschau angebracht hatten.
Auf der Website der litauischen Grenzpolizei werden die täglichen Pushbacks an der EU-Außengrenze zu Belarus gemeldet: Am Dienstag waren es 3 an der litauisch-belarussischen und jeweils 40 an der lettisch-belarussischen und polnisch-belarussischen Grenze.
Ebenfalls mit der Begründung eines „hybriden Kriegs“ werden diese Menschen zurückgewiesen. Bei der Europäischen Kommission liegt seit Dezember 2021 eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bewältigung von Situationen der Instrumentalisierung im Bereich Migration und Asyl vor, die ab September von den EU-Mitgliedstaaten weiterdiskutiert werden soll. Vor den Sommerferien erreichten diese keine Einigung.
In Russland wurde am Mittwochmorgen ein erneuter Drohnenangriff in der südwestlich von Moskau gelegenen Region Kaluga bekannt. Drei ukrainische Drohnen seien von der russischen Luftabwehr zerstört worden, so das russische Verteidigungsministerium. Bis jetzt war bekannt, dass Moskau die Ukraine mit iranischen „Kamikaze-Drohnen“ angreift. Nun teilte die russische staatliche Nachrichtenagentur Tass mit, dass Russland erfolgreich die erste selbst hergestellte „Sirius“-Drohne hat fliegen lassen. Die Ankündigung kam am Rande des Forums Armee-2023, das bis Sonntag westlich von Moskau stattfindet.
Russische Militärblogger beschreiben die „Sirius“-Drohne mit einem Startgewicht von 2 Tonnen und einer Spannweite von bis zu 23 Metern; sie kann bis zu 20 Stunden in der Luft bleiben und maximal auf 7.000 Meter Flughöhe fliegen. „Sirius“ verfügt über zwei Triebwerke. Laut Tass soll die Serienlieferung dieser neuen Drohne an die russischen Truppen noch im Jahr 2023 beginnen.
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