RTL-Doku über Kai Diekmann: Ein Herz für Kai

Die Homestory auf RTL über die „geheimen Archive“ des Ex-„Bild“-Chef erzählt kaum etwas Neues. Doch auch die Gen Z muss aufgeklärt werden.

Kai Diekmann mit erhobenen Händen

Kai Diekmann lüftet keine Geheimnisse Foto: Christoph Hardt/imago

Was macht eigentlich Kai Diekmann? Der Ex-Bild-Chefredakteur ist da ja nun schon einige Zeit weg. Weshalb er Zeit hatte, dieses Buch mit dem schönen Titel „Ich war Bild“ zu schreiben. Das ist insofern lustig, weil dies sein Nach-Nachfolger Julian Reichelt erst recht von sich behauptet hat. Aber Reichelt war anders Bild als Diekmann. Damit sich jetzt alle noch mal davon überzeugen können, gibt es Diekmann seit Ende letzter Woche jetzt auch als Doku.

Der Mann, der früher so stolz darauf war, als Bild-Chefredakteur nicht ins TV zu gehen, öffnet nun RTL Tor und Tür für eine Homestory, Gattin und Garten inklusive. „Die Bild-Geschichte – Die geheimen Archive von Ex-Chef Kai Diekmann“ (im Stream bei RTL+) haben natürlich so gar nichts Geheimes. Lady Gaga barfuß zu kalter Jahreszeit auf Redaktionsbesuch, die Interviews bei Putin, die berühmten Sprachnachrichten von Christian Wulff. Alles schon erzählt und noch mal für die ewigen publizistischen Jagdgründe heraufbeschworen. „Genau, weil die Generation Z bitte auch eingelullt und aufgeklärt werden muss“, meint die Mitbewohnerin. „Bild hat eben ein Herz für Kinder.“

Das hat durchaus Charme, weil natürlich auch die Aussöhnung mit Günter Wallraff inszeniert wird. Der arbeitet praktischerweise mit seinem „Team Wallraff“ auch bei RTL, macht aber bei der ganzen Aussöhnungskiste nicht wirklich mit. Diekmann habe zwar, „Bild von voll auf Heroin ins Methadon-Programm“ gebracht. „Trotzdem kommt Bild ohne Feind nicht klar, vielleicht sollte sich das Blatt in Feindbild umbenennen“, sagt der Mann, der bei Bild Hans Esser war.

Von destruktiven und konstruktiven Gegenern

Diekmann erzählt trotzdem ganz freimütig, dass er Wallraff zuliebe schon damals einen Holger Friedrich gemacht hat: Ein Mitarbeiter Wallraffs hatte sich mit dem Großinvestigator verzankt und stand mit angeblich belastendem Material bei Bild auf der Matte. Was macht Diekmann? Gibt das Ganze brav bei Wallraff ab und lässt ihn wissen, „da machen wir nix draus“. Aus dem RTL-Off raunt es: „aus destruktiver Gegnerschaft wurde konstruktive Gegnerschaft“.

Davon möchte Christian Wulff natürlich nichts wissen. Auf den dubiosen Hauskredit und die Darstellung in Diekmanns Buch angesprochen, zickt er: „Daran ist gar nichts dubios. Das Buch und der Autor sind dubios.“ Er hätte damals besser gar nichts gesagt, so Wulffs Fazit. „Komplett zumachen. Privat ist privat.“ Klar, Herr Bundespräsident a. D.

Den ehrlichsten Auftritt im Film hat Thomas Gottschalk. Er hat Bild und Diekmann nie verziehen. Als es darum geht, dass in Potsdam das Auto der Diekmanns abgefackelt und die Familie bedroht wurde, sagt Gottschalk: „Vorsicht bei der Berufswahl. Ich war jahrelang beim ZDF, da hat mir keiner mein Auto angezündet. Da hält sich mein Mitleid in Grenzen, damit richtest du gegen Bild gar nichts aus.“

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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