„Magnum“-Retrospektive auf Sat.1 Gold: Der mit dem Pornobalken

Thomas Magnum ist nicht nur eine haarintensive 80er-Ikone. Er war auch als Soldat in Vietnam. Entsprechend sind die Themen gar nicht so soft.

Thomas Sullivan Magnum (Tom Selleck) im Hawaihemd am Strand

Thomas Sullivan Magnum (Tom Selleck) arbeitet als Privatdetektiv auf Hawaii Foto: SAT1/Universal Pictures

Der Effekt ist verblüffend: ein Ermittler, der aus dem Off zum Publikum spricht. Es erzeugt eine Nähe, fast ein Vertrautsein, das ungewohnt ist im zeitgenössischen TV-Krimi-Kosmos. Meist klingt es, als denke er laut. Mal kommentiert er, was er gerade macht oder als nächstes vorhat, also gleich, sofort. Und mitunter erzählt er, welche Erinnerungen ihm just durch den Kopf schießen; zack laufen auf dem Bildschirm seine Flashbacks in Schwarz-Weiß, vom Krieg in Vietnam.

Falls es jemand vergessen hat. Das ist der Kontext, in dem Thomas Magnum agiert und damit der Erzählrahmen von „Magnum“, der prototypischen Sunnyboy-Serie der 1980er: Tom Selleck als Privatdetektiv auf Hawaii. Im Popkulturgedächtnis überwiegt der Look mit den kaum zugeknöpften Blumenhemden, den knappen Hosen, der Sonnenbrille und all dem Haar auf dem Kopf, im Gesicht, auf der Brust, dazu das freundliche Sommerleuchten in jeder Szene.

Aber wie gut, dass der Retrosender Sat1 Gold jetzt noch mal von vorne anfängt: Die ersten vier Folgen von Staffel 1 liefen vergangene Woche, diesen Samstag sind die nächsten vier Storys dran, wer Bock hat, kann also abends von kurz nach acht bis Mitternacht durchglotzen. Als Alternative zu all dem anderen Quark in der Sommer-Saure-Gurken-Zeit taugt’s doppelt und dreifach.

Ja, es sind die frühen 1980er Jahre, also eine Welt, die bevölkert ist von Typen. Und Frauen im Bikini. Die sich natürlich Magnum früher oder später an den Hals werfen. Aber zugleich – und zu der Zeit in dieser Deutlichkeit überraschend – ist diese Serie eine Story über Veteranen und ihre Kriegstraumata, über psychische Belastungen, zermürbende Erinnerungen und Flucht in den sonnigen Eskapismus, roter Ferrari inklusive.

Und über eine Flucht ins Miteinander: Denn zu Magnums Team gehören noch zwei Army-Kollegen von damals, Helipilot T. C. (Roger E. Mosley) und Rick (Larry Manetti) (beide übrigens auch Teil der Magnum-Neuauflage, die seit 2018 läuft, ohne Selleck und nicht weiter der Rede wert). Drei Kumpel als Wahlfamilie also, die sich abends auch mal Pasta kochen, Wein zusammen trinken, sich gegenseitig weiße Dinnerjackets samt Fliege ausleihen und sich foppen.

Vor diesem Hintergrund nimmt dann kaum noch Wunder, dass die Fälle – aktuell nun eben die 45-Minuten-Folgen fünf bis acht, also letztlich ein zufälliger Querschnitt – mitunter weit entfernt sind von der Egalheit der 1990er oder etwa der westdeutschen Achtziger-Krimiserien von „Derrick“ bis „Ein Fall für Zwei“. Bei „Magnum“ geht’s stattdessen um die IRA, um Nazis, ein altes jüdisches Ehepaar und seine Vergangenheit. Und alles auf Hawaii.

Sa., 8. 6., ab 20.15 Uhr, Staffel 1, Folge 4 bis 8, Sat.1 Gold

Dass Thomas Magnum so wirkt, als wollte er mit aller Macht immer nur im Jetzt leben, ist damit auf einmal umso nachvollziehbarer. Die Atmosphäre, die sich Donald Paul Bellisario und Glen A. Larson damals ausgedacht haben, wirkte acht Staffeln lang: ein Nebeneinander von Drama, Tragödie und einer Lässigkeit, die immer kurz davor ist, ins Humoristische zu kippen, aber dann doch nur vollüberzeugte Leichtigkeit bleibt.

Alles ist gleichzeitig möglich, wie nebenbei. Etwa, als Magnum das Apartment eines Mordopfers durchsucht, an den Kühlschrank geht, sich bedient, weiter von Zimmer zu Zimmer zieht – und dabei die Milch direkt aus der Packung trinkt.

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