piwik no script img

Eskalierter Einsatz in der HafenstraßeVerletzte vor der Vokü

Auf der Suche nach mutmaßlichen Dealern dringt die Polizei in die Hamburger "HafenVokü" ein. Anwohner:innen protestieren gegen das Vorgehen.

Aufgebrachte Menschen und die Polizei an einer Suppenküche im Hamburger Stadtteil St. Pauli Foto: Daniel Löb/dpa

Hamburg taz | Wie üblich fing der Donnerstagabend in der Hamburger Hafenstraße ruhig an. Menschen saßen in und vor der „HafenVokü“ zusammen. Jeden Donnerstag bieten dort freiwillige Hel­fe­r:in­nen selbst gekochtes Essen und Getränke an. Die Suppenküche besteht seit vielen Jahren und hat sich als sozialer Treffpunkt im Viertel etabliert.

Auch in der Nacht zu Freitag saßen einige Gäste draußen auf dem eigens dekorierten Platz vor dem Gebäude. Die gute Stimmung verflog, als gegen Viertel nach zehn Po­li­zis­t*In­nen versuchten, in die Vokü zu gelangen. Zivilbeamte der Task Force zur Drogenbekämpfung wollen zuvor beobachtet haben, wie mehrere Personen, die sie des Drogenhandels bezichtigen, in die Lokalität gelaufen sind. An­woh­ne­r:in­nen versuchten, den Zugang zu verhindern. Ohne richterlichen Beschluss wollten sie die Polizei nicht hineinlassen.

Die Situation beruhigte sich kurz, bis die Polizei mit Funkstreifenbesatzungen aus verschiedenen Stadtteilen und Kräften der Landesbereitschaftspolizei zurückkehrte. Sie vermutete weiterhin verdächtige Personen im Gebäude, zog eine Polizeikette zwischen Gästen und Gebäude der “HafenVokü“. Dabei nahmen die Einsatzkräfte einen bis dahin unbeteiligten 48-Jährigen vorübergehend in Gewahrsam. Er soll laut Aussage der Polizei versucht haben, den Be­am­t:in­nen den Zugang zum Objekt zu verwehren.

Immer wieder Auseinandersetzungen

Mehr als 25 Po­li­zis­t:in­nen versuchten zunächst, die Tür mit einem Brecheisen aufzubrechen, was jedoch misslang. Auch mit einem Schlüssel, der einer Person im Umfeld des Geschehens abgenommen worden war, versuchten sie sich Zugang zu verschaffen. Schließlich schlugen sie ein Fenster im Erdgeschoss ein. Ein Gast im Raum erlitt dabei eine Panikattacke und musste durch eine Rettungswagenbesatzung behandelt und in ein Krankenhaus gebracht werden.

Vor dem Lokal solidarisierten sich rund 30 Personen, die ihren Unmut über das Einschreiten der Polizei lautstark kundtaten. Laut der Pressestelle der Polizei verletzten sich während des Einsatzes auch zwei Po­li­zis­t:in­nen leicht. Einen aktiven Angriff oder Ähnliches durch anwesende Personen gab es jedoch nicht. Um kurz vor Mitternacht endete der Einsatz, mit zerbrochenen Scheiben, einer Person im Krankenhaus und einer weiteren im vorübergehenden Gewahrsam. Von den Personen, die die Polizei im Gebäude vermutete, gab es nach alldem keine Spur.

Immer wieder kommt es an der Hafenstraße zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Seit sechs Jahren sind im Süden St. Paulis Po­li­zis­t:in­nen der „Taskforce Betäubungsmittelkriminalität“ rund um die Uhr in Uniform oder zivil unterwegs. Das Gebiet ist ein sogenannter „gefährlicher Ort“, täglich kommt es zu verdachtsunabhängigen Kontrollen, bei denen die Polizei Taschen und Personalien kontrolliert. Seit einigen Jahren dokumentieren und begleiten An­woh­ne­r:in­nen die polizeiliche Maßnahmen, um auf rassistische Kontrollen und die Kriminalisierung der Nachbarschaft hinzuweisen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "Ohne richterlichen Beschluss wollten sie die Polizei nicht hineinlassen."

    Und? Konnte die Polizei einen solchen vorweisen?

    • @Ajuga:

      Das nennt sich Gefahr im Verzug, so könnte die Polizei argumentieren.