piwik no script img

Leise summt die Klimakrise

Bienen können mehr als nur Honig: Das Museum Europäischer Kulturen zeigt „Buzzing Slovenia. Von Bienen und Menschen“. Mit einer wichtigen politischen Botschaft

Von Anna Flörchinger

Die weltweit größte Dichte an Im­ke­r:in­nen gibt es in Slowenien: 11.000 Menschen arbeiten mit Bienen zusammen – bei einer Bevölkerung von lediglich zwei Millionen Menschen. Zudem hat der Balkanstaat initiiert, dass der 20. Mai von der UNO zum Weltbienentag erklärt wurde. Das mag wie nutzloses Trivia-Wissen klingen, doch Bienen haben für das kleine Land am östlichen Alpenrand eine große kulturelle Bedeutung, wie die Ausstellung über Apis mellifera carnica, die heimische Honigbiene Sloweniens, und ihre Im­ke­r:in­nen zeigt.

Was das alles mit Berlin zu tun hat? Im Rahmen der Europäischen Kulturtage zeigt das Museum Europäischer Kulturen (MEK) in Dahlem ab dem 13. Juni die Sonderausstellung „Buzzing Slovenia. Von Bienen und Menschen“. Die Ausstellung läuft bis zum 14. April 2024 – ganze zehn Monate. Aber es war ja auch aufwändig, die 50 Leihobjekte von Slowenien in die deutsche Hauptstadt zu bringen.

Dazu sind in den kommenden vier Wochen zahlreiche Veranstaltungen im MEK geplant. Lesungen, Filme, Podiumsgespräche, slowenischer Jazz, Workshops, Honigverkostungen: Slowenien und Bienen sind eine Symbiose, die großes künstlerisches Anknüpfungspotenzial bietet.

Sofia Botvinnik, Kuratorin von „Buzzing Slovenia“, wollte genau das erreichen: ein Thema finden, das eine europäische Kultur repräsentiert und gleichzeitig Zugänge für mehr bietet. Zur Vorbereitung der Ausstellung ist sie nach Slowenien gereist und hat mit Part­ne­r:in­nen vor Ort gesprochen, Bienenstöcke besucht und Bienenwanderungen unternommen – denn in Slowenien prägen die bunten Bienenstöcke die Landschaft.

Die Beschäftigung mit Bienen sensibilisiert Menschen für den Klimawandel

So hat Botvinnik die Besonderheiten der slowenischen Kultur und Natur nach Berlin geholt. Die Ausstellung zeigt die in Slowenien verbreitete Krainer Biene, traditionelle Bienenprodukte und Stadtimkerei. Be­su­che­r:in­nen lernen etwas über die Gefahren, denen Bienen ausgesetzt sind, und über die heilende Wirkung von Honig.

Bienen selbst gibt es in der Museumshalle nicht zu sehen, auch wenn man beim Betreten des Raums von Summen umgeben ist. Ziel war vielmehr, das immaterielle Kulturerbe der slowenischen Imkerei zu zeigen – dabei geht es vor allem um Traditionen und Wissen, das mündlich weitergegeben wird. Im Vordergrund steht die Lebensweise der Im­ke­r:in­nen mit ihren Bienen.

Seit 2022 ist die slowenische Imkereitradition Teil des immateriellen Weltkulturerbes der Unesco. Die Imkerei sei auch Teil der Kulturdiplomatie des slowenischen Außenministeriums, sagt Saša Šavel Burkart, Leiterin des Slowenischen Kulturinstituts: sie schaffe Dialog, trage zu Toleranz bei und verbinde.

Es ist eine liebevolle Ausstellung, die Botvinnik zusammen mit dem slowenischen Kulturinstitut, der slowenischen Botschaft und Part­ne­r:in­nen in Slowenien umgesetzt hat, sie transportiert aber auch eine politische Botschaft. Denn der Klimawandel stellt durch anhaltende Dürren eine Bedrohung für die Bienen und das waldreiche Slowenien dar. Auch deswegen wurde die Ausstellung möglichst nachhaltig konzipiert: Die gezeigten Objekte stehen ausschließlich auf recycelbaren Lehmbausteinen.

Kurze Filme veranschaulichen darüber hinaus die Bedeutung der Bienen für die Slowenier:innen: Imkerei ist ein Hobby vieler Familien, sie halten die Insekten in ihren Gärten und geben ihr Wissen an die folgenden Generationen weiter. Sowohl die Zahl der Bienenvölker als auch die der Im­ke­r:in­nen wachse stetig, erklärt die Kuratorin, obwohl Slowenien bei Weitem nicht so viel Honig exportiere wie andere Länder.

Weil sich viele Familien intensiv mit den Lebensbedingungen der Bienen beschäftigen, habe auch die Klimakrise eine breitere gesellschaftliche Relevanz als anderswo, meint Botvinnik.

Auch slowenische Künst­le­r:in­nen setzen sich im MEK mit den Bienen als Teil ihrer Kultur auseinander. Gezeigt wird etwa ein Architekturprojekt der Universität Ljubljana: Modelle von Räumen, die von Menschen und Bienen genutzt werden könnten. Sie zeigen aber die Idee einer Gemeinschaft: Der Mensch profitiert von den Produkten der Bienen und ihrem Beitrag für die Umwelt und sorgt für den Schutz der Insekten, indem er ihnen ein Haus zur Verfügung stellt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen