Putins Freund und Putins Feind

Beim Gipfeltreffen der Arabischen Liga traten sowohl Russlands Verbündeter Assad, als auch Wolodimir Selenski auf. Für den ukrainischen Präsidenten war das kein einfacher Besuch

Von Karim El-Gawhary, Kairo

Es war ein spektakulärer Beginn des arabischen Gipfeltreffens in der saudischen Rotmeer-Hafenstadt Dschidda. Zunächst kam der syrische Präsident Baschar al-Assad mit breitem Lächeln in den großen Saal des Treffens der Arabischen Liga, herzlich begrüßt, geküsst und umarmt vom Gastgeber, dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.

Der Diktator aus Damaskus genoss sichtlich seine Wiederaufnahme in die Reihen der arabischen Autokratenfamilie, zwölf Jahre nachdem die syrische Mitgliedschaft in der Liga wegen des brutalen Umgangs des Regimes mit seiner Opposition suspendiert worden war.

Doch kurz darauf stahl ihm ein besonderer diesjähriger Gast beim Gipfeltreffen die Show, der überraschend angereiste ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, der kurz darauf weiter nach Japan zum G7-Gipfel reiste. In Saudi-Arabien saßen sie so beide im Raum: Assad, wichtigster Alliierter in der Region für Russland, und Selenski, der gekommen war, um bei den arabischen Staaten für eine stärkere Unterstützung der Ukraine gegen Russland zu werben.

Der Gastgeber Bin Salman begann das Treffen gleich mit einem Angebot Saudi-Arabiens, zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln. Gerade als große ölexportierende Länder sind Saudi-Arabien und Russland in der sogenannten Opec+-Gruppe verbunden. Wie die meisten anderen arabischen Länder im Raum haben die Saudis im Ukrainekrieg bisher keine Position bezogen und haben sich nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligt.

So befand sich Selenski bei seiner Gastrede beim Treffen der Arabischen Liga auf keinem einfachen Terrain und kam gleich zum Punkt: „Ich bin sicher, dass hier im Raum einige sitzen, die bei dieser illegalen Annektierung in die andere Richtung schauen. Ich bin hier, damit alle hier ehrlich auf diesen Konflikt schauen, egal wie stark Russland versucht, Einfluss zu nehmen. Es muss trotzdem Unabhängigkeit geben.“ Auf Saudi-Arabiens Vermittlungsangebot antwortete er vage diplomatisch: „Saudi-Arabien spielt eine wichtige Rolle, und wir sind bereit, unsere Zusammenarbeit auf eine neue Ebene zu heben.“

Für den Gastgeber Saudi-Arabien war die überraschende Einladung Selenskis wohl mehr als eine Gelegenheit, sich als Vermittler zu präsentieren. Selenski lenkte zudem vom selbst in Teilen der arabischen Welt umstrittenen Assad ab. Die Entscheidung, den syrischen Präsidenten wieder in die arabische Staatenfamilie aufzunehmen, stieß nicht bei allen arabischen Staaten auf Gegenliebe.

Der Außenminister des Emirates Katar, Mohammed bin Abdulrahman al-Thani, hatte vor wenigen Tagen beim Besuch der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock erklärt, dass er eigentlich gegen die Wiederaufnahme Syriens in die Arabische Liga sei. Katar, wie auch Jordanien, Kuwait und Algerien, wollte eigentlich die Rückkehr Assads an Bedingungen knüpfen, wie etwa einen demokratischen Prozess oder auch, dass das Regime in Damaskus seine Beziehungen zu seinem wichtigsten Verbündeten in der Region, dem Iran, zurückschraubt. Doch am Ende beugten sie sich einem arabischen Konsens.

Auf Saudi-Arabiens Vermittlungs­angebot antwortete Selenski diplomatisch

Das Thema Iran schwebt indirekt über dem Gipfel, der auf fünf Tage angesetzt ist. Die Frage dabei lautet: Wie wirkt sich die Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Iran auf die arabische Politik aus? China hat in den vergangenen Monaten zwischen den Ländern vermittelt.

Das betrifft, neben der Rückkehr des vom Iran unterstützten Assad, auch den Jemen, in dessen Krieg Saudi-Arabien und der Iran unterschiedlichen Seiten den Rücken stärken. Zwar scheint der Waffenstillstand im Jemen zu halten, ein umfassender Friedensprozess will aber bislang nicht in die Gänge kommen.

Ein ebenso wichtiges Thema ist der Krieg in Sudan. Dazu führten Saudi-Arabien und die USA gemeinsame Gespräche mit den dortigen Kriegsparteien: der Armee von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan und der paramilitärischen RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo. Erstes Ergebnis: ein Waffenstillstand für eine Woche, der humanitäre Hilfe ermöglicht. Die Hoffnung ist jetzt, dass sich die Kriegsparteien daran halten.