Im Bauch der
Auster

Das HKW öffnet wieder mit Musik, Debatte und Kunst

Am Anfang steht die Utopie: „Quilombismo“, das sei antiimperialistischer Kampf, Panafrikanismus und radikale Solidarität. So beschreibt es zumindest Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, der seit Januar das Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin leitet, das aber wegen Umbauarbeiten seither geschlossen blieb. Mit Musik, Debatten und Ausstellungen wird an diesem Wochenende nun die Wiedereröffnung unter dem Motto des „Quilombismo“ gefeiert.

Das Programm, so hatte Ndikung schon im März verkündet, solle von Menschen aus allen 190 Nationen gestaltet werden, die in Berlin leben. In der Ausstellung ist etwa die Gemeinschaftsarbeit zwischen dem vietnamesischen Künstler Truong Cong Tung und einer Termitenkolonie zu sehen: Ähnlich einer meterlangen Lochkarte rollt sich die von Insekten zerfressene Leinwand „Blind Map“ auf den Boden. Einer Landkarte gleicht auch das Werk Marie-Claire Messouma Manlanbiens. An Elfenbein erinnernde Schmuckköpfe, Jute und Stahlwolle fügen sich zu einem verästelten, teppichartigen Gebilde.

Fährten finden, Schneisen schlagen: Wer in der ohne Beschilderung auskommenden Ausstellung vom Weg abkommt, greift auf jahrhundertealte Orientierungshilfen zurück. So geleitet durch einen Raum die Bodenmalerei Nontsikelelo Mutitis, die auf die Praxis von früheren Skla­v:in­nen verweist, geheime Landkarten in Haare zu flechten.

Auf der Terrasse des HKW wehen an drei Fahnenmasten in schwarz, rot, gold, grün die Farben Deutschlands und des Panafrikanismus im Wind. „Decarbonize, Decolonize, Rehabilitate“ hat Olu Oguibe seine Arbeit überschrieben. Sie verweist symbolisch auf die Programmatik des HKW, postkoloniale Machtverhältnisse in den Blick nehmen zu wollen.

Auf drei Buchstaben abgekürzt ist diese Botschaft schon von Weitem erkennbar: „DDR“ flattert es wenige Meter vom Bundeskanzleramt entfernt hoch oben im Freien. Julia Hubernagel