Bundesregierung verfehlt Neubau-Ziel für 2022

Trotz schlechter Bedingungen infolge des Ukrainekriegs gab es aber einen leichten Zuwachs

Von Jasmin Kalarickal

Im vergangenen Jahr sind bundesweit 295.300 neue Wohnungen entstanden. Das ist ein kleiner Zuwachs von 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Niveau von 2020, als 306.400 Wohnungen fertiggestellt wurden, wurde nicht erreicht. Auf die Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben Woh­nungs­po­li­ti­ke­r*in­nen und die gesamte Baubranche gespannt gewartet. Denn damit ist nun offiziell: Die Bundesregierung hat ihre Neubauziele verfehlt. Eigentlich sollten 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden, davon 100.000 öffentlich gefördert. Es war eines der zentralen Wahlkampfversprechen von Olaf Scholz.

Wie viele der 2022 fertiggestellten Wohnungen Sozialwohnungen sind, ist allerdings noch nicht bekannt. Klar ist nur: Die Zahl der errichteten Einfamilienhäuser sank um 1,5 Prozent, während es ein Plus von 14,1 Prozent bei den Zweifamilienhäusern und einen Zuwachs von 1,5 Prozent bei den Mehrfamilienhäusern gab. Die Zahl der Neugenehmigungen ging um 7 Prozent auf 354.200 zurück. Der sogenannte Bauüberhang stieg weiter an: Zum Jahresende 2022 waren 884.800 Wohnungen genehmigt, aber noch nicht gebaut. Bei mehr als der Hälfte (462.900 Wohnungen) hatten die Bauarbeiten aber bereits begonnen.

Dass die Zielmarke der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen 2022 nicht erreicht wird, hatte sich schon länger abgezeichnet. Mit dem russischen Angriffskrieg haben sich die Baubedingungen enorm verschlechtert. Unterbrochene Lieferketten sowie höhere Material- und Energiepreise treffen auf steigende Bauzinsen und fehlende Fachkräfte. Zugleich ist der Bedarf an Wohnungen durch den Zuzug von Geflüchteten gestiegen.

Die Bundesbauministerin zeigte sich dennoch zuversichtlich. „Die Baufertigstellungszahlen zeigen, der Bau bleibt auch in der Krise stabil“, sagte Klara Geywitz (SPD) am Dienstag in Berlin. Das sei nicht das „Schreckensszenario, das von einigen an die Wand gemalt wurde“. Geywitz geht davon aus, dass in diesem Jahr 50.000 Sozialwohnungen fertig werden und es langfristig zu einem Anstieg kommt.

„Das Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen ist im Jahr 2022 mit Sicherheit gerissen“, kritisierte die Wohnungspolitikerin Caren Lay (Linke) gegenüber der taz. Lay fordert neben einer Umbaustrategie, „um Leerstand im Bestand zu reaktivieren“, auch 15 Milliarden Euro pro Jahr für den sozialen Wohnungsbau. In dieser Legislatur stellt der Bund dafür den Ländern bis 2026 nur 14,5 Milliarden Euro bereit. Auch die Baubranche zeigte sich unzufrieden und warnte vor einem Einbruch in diesem Jahr.

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