Plage in Afghanistan

Nach drei Jahren Dürre hatten die Bauern im Krisenstaat auf eine bessere Ernte gehofft. Doch nun könnte ein Viertel ihrer Erträge vernichtet sein

Von Natalie Mayroth, Mumbai

Nur 17 bis 38 Millimeter groß ist die marokkanische Heuschrecke, doch sie richtet einmal wieder große Schäden an. Im nördlichen Afghanistan, der Kornkammer des Landes, versuchen Landwirte derzeit, die Schädlinge mit den Händen statt mit Chemikalien zu bekämpfen: Denn die Heuschreckenplage gefährdet die Ernährungssicherheit. Bis zu 1,2 Millionen Tonnen Weizen, ein Viertel der gesamten Jahresernte, könnten bereits vernichtet sein, warnt die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Das Getreide hat einen Wert von 280 bis 480 Millionen US-Dollar. Deshalb werden die Wanderheuschrecken in hellen Planen gefangen und unter einer Schicht Erde begraben. Dafür bekommen die Landwirte, die ihre Ernte in dieser Saison schon oft verloren haben, eine Entschädigung von der UN.

Die Arbeit ist mühsam und die Wirkung der traditionellen Bekämpfung begrenzt. Doch andere schnelle Hilfen gibt es im Land derzeit kaum. Pestizide sind knapp. Millionen von fliegenden Schädlingen haben sich ausgebreitet und verwandeln Felder in Mondlandschaften.

Nach drei Jahren Dürre hatten die afghanischen Landwirte mit einer besseren Ernte gerechnet. Doch in acht Provinzen wurden Heuschrecken in unterschiedlichen Entwicklungsstadien gefunden, aus zwei weiteren Provinzen kamen neue Meldungen. Die Gefahr durch Wanderheuschrecken wurde unterschätzt, sagen Expert:innen, dabei kommt es in der Region immer wieder zu weit verbreiteten Befällen. So wurde 2022 in Tadschikistan eine Zunahme der Heuschrecken beobachtet. Im Jahr 2020 hatten Iran, Pakistan und Indien mit einer Plage zu kämpfen.

Mit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 war das Heuschreckenbekämpfungsprogramm gescheitert. Bereits Anfang des Jahres warnte das UN-Welternährungsprogramm, dass sechs Millionen Afghanen kurz vor einer Hungersnot stünden. Die Heuschreckenplage dürfte die Wirtschaftskrise weiter verschärfen. Sie sei eine enorme Bedrohung für das ganze Land sagte der FAO-Vertreter in Afghanistan, Richard Trenchard. Man versuche alles, um noch größere Ausbrüche in der Region zu verhindern.