Gereizte Stimmung vor dem Bildungsgipfel

Bund und Länder treffen sich in kleiner Runde, um Vertrauen wiederherzustellen und zentrale Bildungsvorhaben der Ampelregierung zu retten. Die Zeit drängt

Mehr Mi­nis­te­r:in­nen sind nicht gekommen zu Bettina Stark-Wartzingers (rechts) Bildungsgipfel im März: Hamburgs Schulsenator Ties Rabe und die damalige KMK-Präsidentin Astrid-Sabine Busse Foto: Fo­to:­Christophe Gateau/picture alliance

Von Ralf Pauli

Die wichtigsten Gespräche bei der 382. Kultusministerkonferenz am Donnerstag und Freitag in Berlin stehen nicht auf der Tagesordnung. Am Freitagmittag, wenn der offizielle Teil beendet ist, bleiben die Bil­dungs­mi­nis­te­r:in­nen im Hotel Bristol am Kurfürstendamm. Sie empfangen dort Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Der Termin ist nach Informationen der taz von 14.30 bis 17 Uhr angesetzt. So lange haben die 17 höchsten Bil­dungs­po­li­ti­ke­r:in­nen des Landes seit Stark-Watzingers Amtsantritt noch nie zusammen getagt.

Die Dauer des Treffens ist ein Hinweis darauf, wie hoch der Redebedarf ist. Es geht, hört man aus den Ministerien, einerseits um die generelle Zusammenarbeit, die zuletzt nicht gerade von gegenseitigem Vertrauen geprägt war. Die Länder werfen Stark-Watzinger Alleingänge vor. So wie beim Bildungsgipfel im März und der dort verkündeten neuen „Taskforce“, die die Länder für mehr als überflüssig halten. Letztlich blieben fast alle Bil­dungs­mi­nis­te­r:in­nen dem Gipfel fern.

Unabgestimmt aus Sicht der Länder war auch das Stark-Watzinger-Papier zum geplanten Startchancenprogramm, das schon Detailregelungen enthielt, während die Details noch gar nicht ausverhandelt waren. Den Bund wiederum ärgert, dass die Länder zwar gerne die Bundesmilliarden nehmen – aber sich inhaltlich nicht reinreden lassen wollen. Siehe Startchancenprogramm. Über die strittigen Punkte – allen voran die Finanzierung und die Verteilung der Mittel – gibt es immer noch keine Einigung. Das zentrale Bildungsvorhaben der Ampel, mit dem ab dem Schuljahr 2024/25 4.000 Brennpunktschulen bundesweit unterstützt werden sollen, droht schon vor dem Start zu verpuffen.

Selbst Am­pel­po­li­ti­ke­r:in­nen wie die Grüne Nina Stahr fordern von dem Gipfeltreffen im Hotel Bristol „endlich ein Vorankommen“. Das Bundesbildungsministerium (BMBF) dämpfte vorab die Erwartungen: „Es ist ein vertraulicher Austausch geplant“, so ein Sprecher. Konkrete Beschlüsse zu einzelnen Themen seien nicht zu erwarten.

Natürlich aber versprechen beiden Seiten, sich am Freitag inhaltlich weiter anzunähern. Beim Startchancenprogramm hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorgearbeitet. So ist der Bund, der auf einer Co-Finanzierung der Länder in Höhe von 1 Milliarde besteht, bereit, bereits bestehende Landesprogramme anzurechnen. Das hatte unter anderem Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vehement gefordert. Die Länder wiederum sollen bereit sein, zumindest bei einer der drei Programmsäulen (Schulbau, Schulsozialarbeit und Chancenbudget) vom Königsteiner Schlüssel abzuweichen. Bisher waren die Länder nur dazu bereit, 5 Prozent der Mittel nach sozialen Kriterien zu verteilen – nach Ansicht des Bundes sollten es mindestens 50 Prozent sein. Eine baldige Einigung ist aber noch nicht in Sicht, auch weil weitere Fragen strittig sind. Etwa, ob das Ganze in ein Gesetz oder in eine Verwaltungsvereinbarung gegossen wird.

Ein weiteres Streitthema ist der Digitalpakt II. Das bisherige Abkommen endet nächstes Jahr. Ob er verlängert wird, ist völlig offen – obwohl die Ampel im Koalitionsvertrag eine Fortführung des milliardenschweren Pakts versprochen hat. Zu ihrem Amtsantritt im Mai drängte KMK-Präsidentin Katharina Günther-Wünsch (CDU) bereits auf Informationen. Die Länder fürchten, dass für den Digitalpakt II möglicherweise nicht genug Geld da ist. Diese Woche berichtete The Pioneer, dass das BMBF im kommenden Jahr die höchsten Kürzungen hinnehmen muss: eine halbe Milliarde Euro.

Stark-Watzinger muss im kommenden Jahr auf eine halbe Milliarde Euro verzichten

Aus dem BMBF hieß es auf Anfrage, dass die Haushaltslage ja bekanntermaßen schwierig sei. Allerdings sei der Digitalpakt II ja nicht für 2024, sondern erst für 2025 geplant.

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