„Gekämpft wie Löwen“

Die streikenden Lkw-Fahrer von Gräfenhausen setzen sich durch. Der ausbeuterische Arbeitgeber gibt auf

Von Nelli Tügel
und Jan Ole Arps

Die gut 60 Lkw-Fahrer aus Georgien und Usbekistan, die seit dem 20. März auf der Raststätte Gräfenhausen West im wilden Streik waren, haben gewonnen. Wie ihr Verhandlungsführer Edwin Atema von der niederländischen Gewerkschaft FNV und der DGB Hessen-Thüringen am Mittwochnachmittag mitteilten, hat sich der polnische Fuhrunternehmer Lukasz Mazur schriftlich dazu verpflichtet, alle ausstehenden Forderungen an die Fahrer zu begleichen.

Mitte April hatte es bereits einen Teilerfolg gegeben: Das Firmenkonsortium – Agmaz, Lugmaz und Imperia – mit Sitz in Wawrzeńczyce nahe Krakau, dem eine Flotte von mehr als 1.000 Lkws gehört, hatte rund 200.000 Euro an die Streikenden überwiesen. Danach aber wollte Mazur nicht mehr zahlen. Die Fahrer setzten ihren Arbeitskampf fort – mit Erfolg.

Man rechne damit, dass schon am Donnerstag das letzte fehlende Geld auf den Konten der Fahrer sei, sagte ein Mitarbeiter des Beratungsnetzwerkes „Faire Mobilität“, das die Fahrer vor Ort unterstützt, der taz. Bevor nicht alles da sei, würden die festgesetzten Fahrzeuge nicht bewegt.

Entscheidend für das Nachgeben Mazurs war am Ende offenbar eine wertvolle Fracht: Ein spezielles Bauteil des Konzerns General Electric, das dieser in der Schweiz dringend für den Weiterbau einer größeren Anlage benötigt. Bereits vergangene Woche hatte sich eine Spedition über die Polizei angemeldet, die im Auftrag von General Electric die Fracht abholen sollte. Die beladenen Lkws aber sind auf dem Parkplatz eingekeilt von leeren Trucks und nicht ohne Weiteres zugänglich. Über mehrere involvierte Unternehmen in der Lieferkette sei dann Druck auf Mazur ausgeübt und mit Vertragsstrafe gedroht worden, damit General Electric an die Ladung kommt.

Mazur hat nun nicht nur zugesagt, alles zu zahlen – er hat auch schriftlich bestätigt, keine rechtlichen Schritte gegen die Fahrer einzuleiten und sie künftig in Ruhe zu lassen. Zuvor hatte der Unternehmer auch versucht, mit einer paramilitärischen Schlägertruppe aus Polen die Lkws abzuholen. Nachdem das scheiterte, stellte er Anzeige wegen der Unterschlagung von 39 Lkws. Diese soll nun wohl fallengelassen werden.

Die Fahrer werden ihr Lkw-Lager in Gräfenhausen räumen, wenn die letzten noch offenen Zahlungen eingetroffen sind. Viele, so Verhandlungsführer Atema, würden einfach nur nach Hause wollen, sie haben ihre Familien zum Teil seit Monaten nicht gesehen. Und sie suchen neue Jobs: Für Mazur wird keiner der Männer mehr arbeiten.

Was sie erlebt haben, ist allerdings kein Einzelfall, sondern weit verbreitet im europäischen Straßentransport. Menschen wie die Streikenden von Gräfenhausen veränderten die Branche, sagte Atema der taz. Auf Twitter schrieb er: „Diese Fahrer wurden von der Firma wie Tiere oder leichte Beute behandelt – aber sie haben sich wie ein Löwenrudel gewehrt und gewonnen.“