Geflüchtete an Übergängen zu Österreich: Weiter Grenzkontrollen
Innenministerin Faeser lässt Grenzen nach Österreich weiter kontrollieren. Grund sei die Zunahme unerlaubter Einreisen.
Dass die EU im Prinzip ein Raum ohne Binnengrenzen und Grenzkontrollen ist, gilt als eine der zentralen europäischen Errungenschaften. Nur ausnahmsweise und vorübergehend können Grenzkontrollen wieder eingeführt werden. Die Voraussetzungen sind derzeit im Schengener Grenzkodex geregelt, einer EU-Verordnung von 2016. So können bei Gefahren für die innere Sicherheit Grenzkontrollen bis zu 30 Tagen eingeführt werden, maximal bis sechs Monate. Bei Problemen mit den Kontrollen an den EU-Außengrenzen können sechsmonatige Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen eingeführt werden, verlängerbar bis maximal zwei Jahre.
Die Grenzkontrollen an der Grenze nach Österreich haben alle Fristen längst überschritten. Kontrolliert wird dabei vor allem an den drei Autobahnübergängen Kiefersfelden, Walserberg und Suben. Nach Angaben des ADAC finden allerdings nur Stichprobenkontrollen statt. Die Wartezeit beträgt oft weniger als fünf Minuten, deshalb halten sich die Proteste der Autofahrer:innen im Rahmen.
Allerdings hat im April letzten Jahres ein EuGH-Urteil die ständig wiederholte Verlängerung der Grenzkontrollen erschwert. Konkret ging es um einen Fall aus Österreich, doch die Grundsätze gelten für die ganze EU. Auch in Österreich gelten schon seit 2015 an den Grenzen zu Ungarn und Slowenien immer wieder verlängerte Grenzkontrollen. Der Vorarlberger Jurist Stefan Salomon hielt diese Grenzkontrollen für illegal und weigerte sich 2019, bei der Einreise aus Slowenien seinen Pass zu zeigen. Gegen die Strafe von 36 Euro klagte er, weshalb der Fall letztlich in Luxemburg beim EuGH landete.
Eigentlich keine Auswirkungen?
Der EuGH entschied, dass die Obergrenze von sechs Monaten bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit streng zu verstehen ist. Nach Ablauf von einem halben Jahr können Grenzkontrollen nur dann aufrechterhalten werden, wenn sie auf eine „neue ernsthafte Bedrohung“ für die öffentliche Sicherheit gestützt werden, „die sich von der ursprünglich festgestellten unterscheidet“.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) betont, dass sie das EuGH-Urteil bei der Verlängerung der deutschen Grenzkontrollen zu Österreich jeweils berücksichtigt habe. Im Oktober 2022 führte sie die laxe Visavergabe durch Serbien als „neue Bedrohung“ an. In diesem April verwies sie auf die „erhebliche Zunahme“ von unerlaubten Einreisen (92.000 Fälle in 2022 nach 57.600 Fällen in 2021).
In der aktuellen Flüchtlingskrise können die Grenzkontrollen eigentlich keine Auswirkung haben. Denn wer an der Grenze Asyl beantragt, kann laut Schengen-III-Verordnung der EU einreisen, damit anschließend das zuständige Asylland festgestellt wird. Laut Innenministerium wird dennoch pro Monat eine vierstellige Zahl von Ausländern an der Einreise gehindert, im Sommer 2022 waren es jeweils rund 1.250 Personen. Gegenüber der Bundespolizei haben sie angeblich kein Schutzgesuch erwähnt.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger, die solche Zahlen regelmäßig abfragt, ist misstrauisch. Sie kann nicht glauben, dass selbst Syrer, die in Deutschland immer Schutz erhalten, keinen Antrag gestellt haben sollen. Nicht erfasst ist allerdings, wie viel der Zurückgewiesenen beim nächsten Mal einen Asylantrag stellen oder wie viele dann einfach über die grüne Grenze einreisen.
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