: Schutz für WhistleblowerInnen
Spezielle Kanäle für anonyme Meldungen in Unternehmen müssen nicht sein, so der neue Kompromiss
Von Christian Rath
Der Bundestag wird an diesem Donnerstag erneut und diesmal endgültig das lange fällige Hinweisgeberschutzgesetz beschließen. Nach einer Einigung im Vermittlungsausschuss sind Unternehmen und Behörden nicht mehr verpflichtet, spezielle Kanäle für anonyme Meldungen einzurichten.
Das Hinweisgeberschutzgesetz, das der Bundestag erstmals bereits Mitte Dezember 2022 beschlossen hat, schützt Beschäftigte, wenn sie Straftaten und ähnliche Missstände melden, vor Entlassung oder anderen Nachteilen. Die Meldung kann bei einer internen Stelle des Arbeitgebers erfolgen oder extern beim Bundesamt für Justiz.
Doch der Bundesrat hatte im Februar (auf Betreiben der von der Union mitregierten Länder) die erforderliche Zustimmung verweigert. Daraufhin versuchte die Ampel, das Gesetz in zwei Teile aufzuspalten. Dann hätte der größte Teil der Regelungen keine Zustimmung der Länderkammer mehr benötigt. Doch die Unions-regierten Länder drohten nun mit der Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Deshalb gab die Ampelkoalition nach und rief doch den Vermittlungsausschuss an, um sich mit der CDU/CSU auf einen Kompromiss zu einigen. Die Union kritisierte dabei vor allem die Pflicht, anonyme Meldewege für WhistleblowerInnen einzurichten. Dies ermutige Falschbeschuldigungen. Dagegen glaubt die Koalition, dass viele Whistle-blowerInnen sich ohne die Möglichkeit einer anonymen Meldung gar nicht trauen, auf Missstände hinzuweisen.
Ende letzter Woche einigten sich beide Seiten auf einen Kompromiss: „Die interne Meldestelle sollte auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten. Es besteht allerdings keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen.“ Diese Formulierung wird nun in Paragraf 16 des Hinweisgeberschutzgesetzes eingefügt.
Am Dienstag hat der Vermittlungsausschuss den Kompromiss formal beschlossen. An diesem Donnerstag wird der Bundestag das Gesetz entsprechend ändern und am Freitag wird der Bundesrat zustimmen. Etwa Mitte Juni wird das Gesetz dann in Kraft treten.
Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz setzt der Bundestag eine EU-Richtlinie um, geht aber weit darüber hinaus, weil nicht nur die Meldung von Verstößen gegen EU-Recht unter Schutz gestellt wird, sondern auch der Hinweis auf Verstöße gegen deutsches Recht. Die EU-Richtlinie hätte bereits im Dezember 2021 umgesetzt werden müssen.
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