Inhaftierter Kreml-Kritiker Nawalny: Sie könnten ihn vergiften
Alexei Nawalny muss in Russland erneut in Isolationshaft. Für den Kreml wäre der Zeitpunkt günstig, um sich des unliebsamen Häftlings zu entledigen.
D iese Woche wurde der russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny, der sich seit 814 Tagen unrechtmäßig in Haft befindet, zum 13. Mal in die Isolationsstrafzelle verlegt. Ganze drei Tage zuvor endete seine letzte Isolationshaft. Grund für die erneute Isolationshaft waren vermutlich Nawalnys Enthüllungen zu Korruption im Gefängnis. Für die Dauer von zwei Wochen bleibt es ihm untersagt, Lebensmittel zu kaufen, die Zeit, um Briefe zu schreiben, ist fast komplett gestrichen und der tägliche Ausgang wurde auf 7 Uhr morgens verlegt.
Informationen seines Anwalts zufolge musste Nawalny in der Nacht vom 7. auf den 8. April mit einem Krankenwagen aus seiner Zelle abgeholt werden, weil er unter starken Magenbeschwerden litt. Es heißt, er habe eine unbekannte Krankheit. Eine Behandlung findet nicht statt. Der ohnehin abgemagerte Häftling verlor innerhalb von nur zwei Wochen noch einmal 8 Kilo. Die Medikamente, die ihm seine Mutter schickte, hat er nicht erhalten. Auf die Frage, woran er denn leide, soll ihm der Gefängnisarzt geantwortet haben: „Es ist Frühling, jeder hat gerade irgendwelche Beschwerden.“
Es ist nicht auszuschließen, dass Nawalny gezielt krank gemacht wird, und zwar so, dass sich sein Zustand langsam und stetig verschlechtert. Nicht unwahrscheinlich, dass ihm Giftstoffe ins Essen gemischt werden. „Wir werden toxikologische und radiologische Untersuchungen fordern“, twitterte Nawalnys Anwalt. Es mag für manche paranoid klingen, nicht jedoch für den Häftling selbst. Nur knapp überlebte Nawalny 2020 einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok. Damals richtete sich der Verdacht unmittelbar gegen Wladimir Putin.
Der aktuelle Zeitpunkt ist günstig, um sich des Häftlings zu entledigen. Erst diese Woche hat die Duma ein neues Gesetz über elektronische Einberufungsbescheide verabschiedet, um die Mobilmachung zu forcieren und Wehrpflichtige effektiver an der Ausreise zu hindern. Die darauf folgende Panik ist willkommene Ablenkung von jeglichem Versuch, Nawalny ein für allemal zum Schweigen zu bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs