Neue Meldestelle Antifeminismus: Mehr als 700 Fälle im ersten Monat
Zum Start verunglimpft, nun rege genutzt: Die „Meldestelle Antifeminismus“ hat in ihren ersten Wochen bereits hunderte Meldungen verzeichnet.
Demnach bezog sich rund ein Drittel der Meldungen auf Antifeminismus als organisierte politische Bewegung. Dazu zählen etwa Demonstrationen mit antifeministischen Inhalten, oder sogenannte Gehsteigbelästigungen, wenn Abtreibungsgegner*innen Menschen nachstellen, die Angebote von Arztpraxen oder Beratungsstellen in Anspruch nehmen möchten.
Ein weiteres Drittel der verifizierten Eingaben entfiel auf die Kategorie Sexismus und geschlechtsbasierte Gewalt. Allein die Hasskommentare und Drohungen gegen die Meldestelle und ihre Mitarbeiter*innen bildeten das letzte Drittel der registrierten Fälle.
Insgesamt beträfen die Meldungen die verschiedensten Bereiche, sagte Rahner: Darunter seien etwa Verwaltungsangestellte, Gleichstellungsbeauftragte und Mitarbeiter*innen aus Frauenberatungsstellen, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten bedroht werden. Hinzu kämen „Meldungen von Lokalpolitiker*innen, die aufgrund ihrer politischen Arbeit sexistischen Diffamierungen ausgesetzt sind und von Journalist*innen, deren Kommentarspalten systematisch mit vulgären, sexistischen Inhalten geflutet werden, wenn sie über frauenpolitische Themen berichten“, so die Initiatorin des Portals.
Shitstorm zum Auftakt hat wohl nicht nur geschadet
Zu durchschnittlich jeder fünften Meldung äußerten die Betroffenen einen Beratungswunsch. Besonders hoch sei der Bedarf an Tipps für den Umgang mit Anfeindungen im Netz. Die Meldestelle stelle dann den Kontakt zu Beratungseinrichtungen vor Ort – etwa Antidiskriminierungsstellen – her.
Die „Meldestelle Antifeminismus“ ist das erste bundesweite Monitoring solcher Vorfälle und wird von der Amadeu Antonio Stiftung, dem Gunda-Werner-Institut und dem Verein „Dissens – Institut für Bildung und Forschung“ geleitet. Finanziert wird das Projekt vom Bundesfamilienministerium.
Rund um den Start der Webseite hatte es einen Shitstorm in konservativen und rechten Medien gegeben. Unter anderem wurde das Projekt als „Petz- und Pranger-Portal“ verunglimpft, wo „Denunziation“ unterhalb einer strafrechtlich relevanten Schwelle stattfinde.
Zumindest habe die dadurch entstandene mediale Aufmerksamkeit der Meldestelle nicht nur geschadet, sagte Leiterin Rahner nun angesichts der hohen Zahl der Meldungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
AfD-Verbotsantrag im Bundestag
Wahlkampfgeschenk für die AfD
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?