Futsal-EM der Frauen: Kein Kick für die Gleichstellung

Die besten Frauen des Kontinents spielen um den EM-Titel im Futsal – ohne Deutschland. Der DFB hat noch nicht mal eine Nationalmannschaft.

Spaniens Spielerinnen jubeln nach dem Schlusspfiff

Spaniens Spielerinnen feiern den EM-Titel im Futsal 2019 Foto: GlobalImagens/imago

BERLIN taz | Knapp 7.000 Zuschauerinnen und Zuschauer können am Freitag und Samstag in der Arena von Debrecen jeweils beim EM-Halbfinale und Finale dabei sein. Neben Gastgeber Ungarn stellen dort die Ukraine, Portugal und Spanien die besten Futsalspielerinnen des Kontinents, die vier Na­tio­nen bestückten schon bei der vorangegangenen EM der populär gewordenen Hallenvariante des Fußballs das Semifinale. „In bestimmten Ländern“, heißt es auf der Seite der Europäischen Fußballunion Uefa, können die Spiele auch via Livestream verfolgt werden. Deutschland zählt nicht dazu.

Das könnte daran liegen, dass deutsche Futsalspielerinnen nicht einmal bei der Vorqualifikation für die EM dabei waren – im Unterschied zu Nordirland, Lettland oder Gibraltar. Warum? Ein deutsches Futsalnationalteam der Frauen müsste erst einmal gegründet werden.

Geplant ist dies seit Längerem, ebenso wie die Gründung eines männlichen U19-Nationalteams, um dem seit 2015 bestehenden Männernationalteam Nachwuchs zuzuführen. Letzteres Vorhaben konnte realisiert werden. Im Januar gab es die Premiere gegen Litauen. Der erste Auftritt des Frauenteams wurde dagegen auf unbestimmte Zeit verschoben.

Dabei hat der DFB bereits einen erlesenen Kreis an Spielerinnen mehrmals zusammengerufen. Seit 2021 habe es fünf bis sechs Lehrgänge gegeben, berichtet Jasmin Jabbes, eine der Auserwählten. Nach dem Gründungsbeschluss des männlichen U19-Auswahlteams initiierte die Spielerin des UFC Münster vergangenen Herbst eine Petition an das Präsidium des DFB. Das Gremium wird aufgefordert, „im Sinne der Gleichberechtigung“ die Gründung eines Frauennationalteams voranzutreiben.

„Vorläufig zurückgestellt“

Zu den Spielerinnen hat der DFB nach der Petition bis heute nie den direkten Kontakt gesucht. Informationen erreichten sie immer auf informellem Wege, über die Trainer der Männernationalmannschaft. So hat Jasmin Jabbes kürzlich erfahren, dass erstmals im Oktober eine deutsche Meisterschaftsrunde im Frauenfutsal ausgespielt werden soll.

Der DFB bestätigte das auf aktuelle Anfrage der taz. Die Gründung eines Nationalteams habe das DFB-Präsidium nach einem Vorstoß im Sommer 2022 „vorläufig zurückgestellt“, weil zunächst einmal „wichtige Basisstrukturen“ geschaffen werden sollen wie der Spielbetrieb auf Landesebene.

Jasmin Jabbes kennt die Argumente und hält sie für falsch. Sie glaubt daran, dass mit der Gründung eines Nationalteams erst Bewegung an der Basis erzeugt würde. „Warum soll ich denn Futsal spielen und einen Verein gründen, wenn es keinen Anreiz und keine sichtbaren Vorbilder gibt?“ Auch bei den Männern hinkt der DFB der Entwicklung weit hinterher.

Das Auswahlteam konnte sich weder für die EM noch die WM qualifizieren. Bei den Frauen aber, gibt Jabbes zu bedenken, würden viel eher höherklassig spielende Fußballerinnen vom Feld in die Halle wechseln. Sie selbst hat für den SV Meppen in der zweiten Bundesliga gespielt. Bei der Uni-WM 2022 konnte das deutsche Team mit einem sechsten Platz entsprechend gut mithalten, obwohl das Turnier bestens besetzt war. Futsal ist ein sehr studentisch geprägter Sport.

Beim DFB räumt man ein, ein deutsches Frauennationalteam könnte kurzfristig gute Ergebnisse erzielen, derzeit gebe es aber im regelmäßigen Spielbetrieb in Deutschland nur die Regionalliga West mit sechs Teams und einen Stützpunkt in Westfalen. „Um mittel- und langfristig neue Talente zu finden und auszubilden, muss der Förderfokus im Entwicklungsprozess aus DFB-Sicht zunächst auf die Breite gelegt werden, um nachhaltig eine stabile Spitze zu formen.“

Dass mit der Gründung der männlichen U19-Auswahl der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt ist, will DFB-Vizepräsidenten Sabine Mam­mitzsch so nicht sehen: „Ich betrachte das nicht als Ungleichbehandlung – es ist schlichtweg ein anderer Prozessstand: Die Gründung der U19-Nationalmannschaft der Männer wurde über mehrere Jahre aufgebaut. Für den weiblichen Bereich stehen diese Schritte in der Entwicklung noch bevor.“

Es bleibt die Frage, weshalb der Verband über mehrere Jahre nicht den Aufbau von Strukturen im Mädchen- und Frauenbereich in Angriff genommen hat. Und weshalb die Aktiven nicht in den Überlegungsprozess mit eingebunden wurden. Die beiden Förderansätze schließen sich nicht gegenseitig aus, sie könnten auch zusammengedacht werden.

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