Zahlen für Brandenburg 2022: 138 rechte Gewalttaten

Die Opferperspektive hat ihre Gewaltstatistik für Brandenburg vorgestellt. Ihre Zahlen sind niedriger als die der Polizei – wegen anderer Kategorien.

Eine Straße in Berlin. Menschen halten eine schwarze Fahne mit der Aufschrift "Stoppt die rechte Gewalt" in Großbuchstaben.

Auch wenn sich die Zahlen unterscheiden: Rassistische Gewalt in Brandenburg bleibt ein Problem Foto: picture alliance/dpa | Christoph Soeder

BERLIN taz | 138 rechte Gewalttaten hat die Opferperspektive für das Jahr 2022 in Brandenburg erfasst. Die Initiative stellt damit einen leichten Rückgang gegenüber 2021 fest – damals zählten sie 150 Fälle. Diese Zahlen gab die Initiative auf einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen bekannt.

Häufigstes Tatmotiv rechter Gewalttäter sei auch im vergangenen Jahr Rassismus gewesen: Von allen registrierten rechten Angriffen hätten sie für 91 ein rassistisches Tatmotiv festgestellt. Das entspricht einem prozentualen Anteil von knapp 66 Prozent. Die Anzahl rechter und rassistischer Angriffe bewege sich damit seit 2019 auf einem relativ konstant hohen Niveau.

Einen ganz anderen Eindruck erweckten die Zahlen des Innenministeriums, die im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage der Linke-Landtagsabgeordneten Andrea Johlinge veröffentlicht wurden. Auch die taz berichtete Ende Februar über den starken Zuwachs von rassistisch motivierten Straftaten um mehr als 40 Prozent, der aus diesen Zahlen für Brandenburg hervorgegangen war.

In der eigenen Statistik kann die Opferperspektive einen solchen Anstieg nicht bestätigen, sagte deren Projektkoordinatorin Anne Brügmann der taz. Ursache für diese Widersprüche seien die Erfassungskriterien der Brandenburger Polizei.

„Deutschfeindlichkeit“ wird in der Statistik erfasst

Diese wiederum beziehen sich auf bundesweite Kriterien. Im bundesweiten PMK-Erfassungssystem (Politisch motivierte Kriminalität) wurde nämlich 2019 „Deutschfeindlichkeit“ neben „Fremdenfeindlichkeit“ als Unterkategorie im Themenfeld „Hasskriminalität“ eingeführt. Es würden dadurch auch Taten, die von nichtdeutschen Tä­te­r:in­nen begangen wurden, als „fremdenfeindlich“ gewertet, sagt Brügmann. Außerdem zählten demnach auch Taten, die sich gegen Deutsche richteten, als „fremdenfeindlich“.

Fremdenfeindliche Taten, welche dieser Logik zufolge nur deshalb fremdenfeindlich seien, weil Täter und Opfer unterschiedliche Nationalitäten haben, würden als rassistische Straftaten gewertet. „Das hat die Statistik der Polizei nach oben getrieben“, sagt Brügmann. „Rassismus muss auch als Rassismus benannt werden“, sagt sie, aus ihrer Sicht sei dies eine „Begriffs-Konfusion“.

Veröffentlichungen der Polizei seien die Grundlage, um das Problem rassistischer Angriffe in der Bevölkerung einzuordnen – „da sollte man schon sauber arbeiten“, betont sie. Brügmann zufolge brauche es dafür „vernünftige Kategorien, vernünftige Begriffe und ein Grundverständnis davon, was Rassismus ist.“ Das mangelhafte Kategoriensystem polizeilicher Statistiken könne die Realität rassistischer Gewalt nicht abbilden.

„Klar, wenn die Zahlen höher sind, gibt das erstmal einen größeren Alarmismus. Wir gehen sowieso davon aus, dass wir zu wenig Rassismus wahrnehmen. Es gibt ein großes Dunkelfeld bei rassistischen Taten.“ Gleichzeitig jedoch sei es wichtig, mit solchen Zahlen seriös zu arbeiten und nicht plötzlich „Äpfel mit Birnen vergleicht“ denn das könne fatale Auswirkungen haben. Von einem Rassismus gegen Deutsche zu sprechen, so Brügmann, das verkenne das Grundprinzip von Rassismus, der stets auf ungleichen Machtstrukturen beruht.

Besorgniserregend sei die verhältnismäßig hohe Anzahl antisemitischer Gewaltdelikte, hieß es weiter. 2022 seien acht solcher Angriffe gezählt worden. Im Jahr davor wurde ein judenfeindlicher Übergriff registriert. Die Fälle seien im vergangenen Jahr auf ganz Brandenburg verteilt gewesen. Ein Muster sei dabei nicht zu erkennen gewesen. In drei Fällen seien Betroffene zielgerichtet mit dem Tod bedroht worden.

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