Deutschlandticket kommt nach Berlin: Bayern soll ja auch schön sein

Die BVG bewirbt das neue Deutschlandticket kräftig. Trotzdem wird es nicht für alle Abo-KundInnen im Berliner ÖPNV die bessere Option sein.

Bayerns Ministerpräsident Söder riecht an einem Blumenstrauß

Freut sich schon auf die BVG-KundInnen: Blumenliebhaber Markus Söder (56) Foto: picture alliance/dpa | Peter Kneffel

BERLIN taz | Das „Deutschlandticket“ naht: Schon seit diesem Montag können Ticket-AbonnentInnen der BVG das künftige Angebot vorbestellen, mit dem ab dem 1. Mai Nah- und Regionalverkehr bundesweit für monatlich 49 Euro genutzt werden können. Das landeseigene Verkehrsunternehmen bewirbt die Einführung mit einem humorigen Video und schreibt einen Großteil seiner Abo-NutzerInnen persönlich an, um für den Umstieg zu werben. Weil die Konditionen nicht identisch sind, rechnet die BVG dennoch damit, das bis zu 40 Prozent der Umweltticket-InhaberInnen ihrem aktuellen Tarif die Treue halten könnten.

„Ich war noch nie am Tegernsee“, trällert ein vermeintlicher BVG-Fahrer zur Melodie des Udo-Jürgens-Schlagers in dem Spot, der schon in den Sozialen Medien verbreitet wird. Die Botschaft: BerlinerInnen sollen nach Bayern oder in den Westerwald ausschwärmen, umgekehrt heißt der Hauptstadt-ÖPNV den Rest der Republik willkommen – zum Beispiel Münchner Schnösel mit Kaschmirpulli über den Schultern. Möglich macht es der Beschluss von Bund und Ländern, mit einem einheitlichen Tarif auf den Erfolg des 9-Euro-Tickets im vergangenen Jahr aufzusatteln.

Seit dieser dreimonatigen Aktion, aber auch durch das aktuell vom Senat subventionierte 29-Euro-Sonderangebot hat die BVG massenhaft neue Zeitkarten-AbonnentInnen gewonnen: von 870.000 im Dezember 2021 auf 1,06 Millionen ein Jahr später. Zieht man die kostenlosen Abos für SchülerInnen ab, bleiben rund 650.000 Personen, für die das Deutschlandticket eine interessante Alternative ist – oder zumindest sein könnte. Sie alle werden in Kürze E-Mails oder Briefe von der BVG erhalten, die ihnen die Vorteile eines Wechsels erläutern.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Den können sie dann entweder – „mit wenigen Mausklicks“, wie es heißt – online oder in einem Kundenzentrum vornehmen. Das Deutschlandticket gibt es entweder physisch als Chipkarte oder digital als Handyticket. Letzteres besteht hauptsächlich aus einem QR-Code und ist nur in Verbindung mit einem Lichtbildausweis gültig. Fälschungssicher soll es insofern sein, als ein reiner Screenshot des Codes von den Lesegeräten nicht akzeptiert wird.

Wer sein Deutschlandticket an Partner oder Freundin ausleihen will, müsste diesen also gleich sein Smartphone ausleihen. Erlaubt ist das aber nicht: Im Gegensatz zur klassischen Berliner Umweltkarte ist das neue Ticket nicht übertragbar. Und die Mitnahmeregelung, die es Umweltkarten-InhaberInnen erlaubt, ab 20 Uhr und am Wochenende einen Erwachsenen und bis zu drei Kindern mitzunehmen, gilt auch nicht. Wer diese Konditionen nutzt und vielleicht gar nicht an den Tegernsee will, für den kann es sinnvoll sein, monatlich 17,90 Euro draufzulegen: die Differenz zur Umweltkarte (66,90 Euro nach der anstehenden Tariferhöhung).

SeniorInnen werden umgebucht

Offen ist, wie schnell dieser Unterschied wieder schmilzt – gemunkelt wird bekanntlich jetzt schon, dass es nicht allzu lange beim Einführungspreis von 49 Euro für das Deutschlandticket bleiben wird. Das könnte auch relevant sein für die gut 70.000 AbonnentInnen des Tarifs VBB 65plus: Weil ihr Ticket schon jetzt weder übertragbar ist noch Mitnahmemöglichkeiten bietet, aber ein paar Euro mehr kostet als das Deutschlandticket, wandelt die BVG es automatisch um. Sollte das Deutschlandticket bald teurer werden, könnten die SeniorInnen preislich wieder schlechter gestellt sein. Zwar dürfen sie laut BVG immer zurück in den alten Tarif, automatisch wird das dann aber wohl nicht geschehen.

Stark bewerben will das Unternehmen auch Firmentickets: Mit dem Zuschuss des Arbeitgebers und dem zusätzlichen Preisabzug durch die BVG verbilligt sich das Deutschlandticket von 49 auf 34,40 Euro. Das ist dann nicht mehr weit weg von den 29 Euro, die die Umweltkarte AB noch bis April kostet. Was aus dem Wahlkampf-Versprechen der SPD wird, das 29-Euro-Ticket für alle dauerhaft einzuführen, ist völlig unklar. Je nach Ausgang der Koalitionsgespräche könnte es bald beerdigt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.