European Green Deal: Die Axt am europäischen Binnenmarkt

Die EU antwortet aufs US-Subventionsprogramm mit eigenen Milliarden. Die sollen in grüne Industrien fließen. Aber woher kommt das Geld?

Die brennende Hochfackel einer Raffinerie

Mehr als 170 Milliarden Euro in grüne Energien: So will die EU mit den USA mithalten Foto: Christoph Hardt/imago

BRÜSSEL taz | Mehr europäische Schulden oder mehr nationale Beihilfen? Über diese Frage ist ein erbitterter Streit in der EU entbrannt. Die EU-Kommission will am Mittwoch ihre Antwort auf das massive Subventionsprogramm der USA für „grüne“ Industrien vorstellen. Doch schon vor der Veröffentlichung der Pläne gibt es Widerstand.

„Mehr als 170 Milliarden Euro“ Investitionen seien bis 2030 nötig, um mit den USA mitzuhalten, heißt es in dem Entwurf. Dabei gehe es um die Förderung von Sonnen- und Windkraft, Batterien, Wärmepumpen und Wasserstoff. Allerdings will die EU-Kommission diese enorme Summe nicht durch neue Schulden finanzieren.

Stattdessen will sie noch nicht genutzte Gelder aus dem rund 800 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds umwidmen. Nur so könne man den USA Paroli bieten, die im „Inflation Reduction Act“ rund 370 Milliarden Dollar bereitstellen. Außerdem soll der strikte EU-Rahmen für staatliche Beihilfen gelockert werden.

Kommissionschefin Ursula von der Leyen folgt damit deutschen Wünschen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sperrt sich gegen neue EU-Schulden. Gleichzeitig will Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aber mehr freie Hand bei Subventionen für „grüne“ Industrien. Dem soll der Entwurf nun Rechnung tragen.

Mehrheit der EU-Staaten gegen den Deal

Offenbar kann auch Frankreich damit leben. Präsident Emmanuel Macron hätte zwar einen schuldenfinanzierten „Souveränitätsfonds“ bevorzugt, er kann jedoch auch mit staatlichen Beihilfen leben. Die große Mehrheit der EU-Staaten sieht dies aber anders. Sie fürchtet von den beiden größten EU-Staaten an die Wand gedrückt zu werden.

Die meisten kleineren Länder können sich keine großen staatlichen Beihilfen leisten. Sie waren schon mit den nationalen Hilfsprogrammen gegen die Energiekrise an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten gekommen und rufen nun nach frischem Geld aus Brüssel.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni wiegelt ab. Der Italiener könnte sich durchaus ein neues Schuldenprogramm vorstellen, doch er muss den Vorgaben seiner deutschen Chefin folgen. Andererseits müsse man aber handeln, so Gentiloni. Das US-Subventionspaket stelle eine Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie dar.

Fronten verhärtet

Dänemark, Finnland, Irland, die Niederlande, Polen und Schweden haben bereits vor einer solchen Lockerung gewarnt. Der Plan lege die Axt an den europäischen Binnenmarkt, kritisierte ein EU-Diplomat in Brüssel. Er laufe auf einen Freibrief für staatliche Finanzierung von Industrieprojekten hinaus – und damit auf einen Bruch mit den bisherigen Regeln.

Die 27 EU-Staaten treffen sich am 9. und 10. Februar zu einem Sondergipfel in Brüssel. Die EU-Kommission hofft bis dahin die Gräben zu überbrücken. Der Vorschlag sei nur eine Diskussionsbasis, noch kein Gesetzentwurf, heißt es in Brüssel. Doch die Fronten sind verhärtet, die Zeichen stehen auf Sturm.

Die Grünen im Europaparlament hoffen dennoch auf schnelle und weitreichende Beschlüsse. Die Lockerung der EU-Beihilferegeln könne ein Teil der Lösung sein, sagt Rasmus Andresen, der Sprecher der deutschen Delegation. Die EU-Staaten bräuchten aber „finan­ziel­len Spielraum“ – zur Not auch durch neue Schulden.

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