Ausschuss bekommt endlich lesbare Akten

Der hessische U-Ausschuss zum Terror von Hanau erzielt Erfolg gegen die Bundesanwaltschaft

Von Christian Rath, Freiburg

Generalbundesanwalt Peter Frank muss die Akten zum Anschlag von Hanau weitgehend ungeschwärzt an den hessischen Untersuchungsausschuss herausgeben. Das entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht in einem Eilbeschluss, der der taz vorliegt.

Der Rechtsextremist Tobias Rathjen erschoss am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund, anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst. Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen bald eingestellt, da der Täter tot war. Im hessischen Landtag wurde im Juli 2021 ein Untersuchungsausschuss eingerichtet, der mögliche Behördenfehler und Lehren für die Zukunft feststellen soll. Er forderte auch bei der Bundesanwaltschaft alle Akten an, doch bekam die 79 Ordner nur mit umfassenden Schwärzungen. Beim Täter wurde die gesamte Krankenakte geschwärzt. Auch große Teile der Obduktionsberichte der Opfer und des Täters wurden unleserlich gemacht.

Der Generalbundesanwalt argumentierte, die Schwärzungen hätten „keine erkennbare Relevanz für die Aufklärung etwaiger Versäumnisse hessischer Behörden“. Außerdem widerspreche eine Veröffentlichung dem „postmortalen Persönlichkeitsschutz“. Dagegen klagte der U-Ausschuss Ende November 2022 und beantragte eine einstweilige Anordnung. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das zuständig ist, weil es sich um einen Streit zwischen einem Landesorgan und einer Bundesbehörde handelt, gab dem hessischen Ausschuss nun weitgehend Recht. U-Ausschüsse können selbst darüber befinden, heißt es, „welche Beweiserhebungen sie zur Aufklärung des Sachverhalts als notwendig erachten“. Die Anforderung von Beweisen könne auch allgemein darauf abzielen „Licht ins Dunkel“ eines Untersuchungskomplexes zu bringen.

Auch der postmortale Persönlichkeitsschutz hindere die ungeschwärzte Herausgabe nicht. Nach dem Tod sei nur noch die Menschenwürde geschützt, die den Verstorbenen vor Herabwürdigung oder Verfälschung seines Lebensbildes schütze. Beides sei bei Herausgabe der medizinischen Berichte nicht zu befürchten. Die Akten sollen nur in der Geheimschutzstelle des Landtags einsehbar sein. Geschwärzt bleibt lediglich der Bericht einer medizinischen Untersuchung von Hans-Gerd Rathjen, dem militanten Vater des Attentäters, weil der Mann noch lebt und die Untersuchung nach der Tat erfolgte. Für den Ausschuss ging es wohl vor allem um die Grundsatzfrage, dass er sich nicht vom Generalbundesanwalt sagen lassen muss, was er wie zu untersuchen hat. Vor der Sommerpause muss der Bericht fertig sein.