Tobias Schulze über die CDU, Maaßen und die Werte-Union
: Den Resonanzraum rauben

Friedrich Merz wäre dann so weit. Erstmals spricht der CDU-Chef auch persönlich von der Möglichkeit eines Parteiausschlussverfahrens gegen Hans-Georg Maaßen. Reichlich spät und erst mal nur im Konjunktiv, aber immerhin. Die rechtlichen Hürden für einen solchen Ausschluss sind zwar hoch und der Erfolg nicht garantiert. Inzwischen bescheinigt aber selbst Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang seinem Vorgänger eindeutigen Antisemitismus. Dass Maaßen erheblich gegen Parteigrundsätze verstößt und damit die Bedingung für den Ausschluss erfüllt, ist also keine abwegige Einschätzung.

Ein erfreulicher Nebeneffekt, den der Rauswurf hätte: Sein Parteibuch würde Maaßen nicht länger als Verstärker dienen. Eigentlich haben weder er noch die Werte-Union, zu deren Vorsitzendem er am Samstag gewählt wurde, eine wirkliche Relevanz. Der 60-Jährige hat innerhalb der CDU selbst kein Amt inne und fuhr als Direktkandidat bei der letzten Bundestagswahl eine deutliche Niederlage ein; die Werte-Union ist ein Verein außerhalb der Parteistruktur und hat auch jenseits von Maaßen keine Mitglieder, die in der CDU relevante Positionen innehaben.

Mediale Aufmerksamkeit erhalten weder die Gruppierung noch ihr neuer Chef wegen ihres tatsächlichen Einflusses, sondern wegen ihrer Inszenierung als innerparteiliche Opposition – vergleichbar mit Boris Palmer bei den Grünen und einst Thilo Sarrazin bei der SPD.

Entsprechend wäre es mit dem Ausschluss von Maaßen nicht getan. Auch der Werte-Union müsste die CDU den Resonanzraum nehmen. Sie hätte die Möglichkeit dazu, indem sie die Mitgliedschaften in der Partei für unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der rechten Splittergruppe erklärt. Damit könnte sie nach außen sichtbar machen, dass Partei und Verein nichts miteinander verbindet. Erhofft sich Friedrich Merz insgeheim nicht doch, mit Hilfe der Werte-Union Wäh­le­r*in­nen vom rechten Rand einzubinden, wäre das der logische nächste Schritt.

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