Wahlchaos in Berlin: Klage gegen Wiederholung der Wahl
Die Wahl von 2021 soll Mitte Februar komplett wiederholt werden. Dagegen wehren sich rund 40 Kläger*innen vor dem Bundesverfassungsgericht.
Die Landesverfassungsrichter hatten die Wahl vom 26. September 2021 wegen der vielen Pannen insgesamt für ungültig erklärt. Als Termin für die Neuwahl, die auch die zwölf Bezirksparlamente betrifft, hat der Landeswahlleiter den 12. Februar 2023 bestimmt.
Anders als bei der Bundestagswahl ist der Gang nach Karlsruhe hier nicht als reguläres Rechtsmittel vorgesehen. Wie gegen jede andere Gerichtsentscheidung auch können Betroffene aber Verfassungsbeschwerde einlegen. Die Frist dafür beträgt einen Monat – am Freitag war also letzte Gelegenheit.
Bereits unmittelbar nach der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts hatten nach taz-Informationen Abgeordnete diesen Schritt erwogen. Ihr Argument: Lediglich bei einem Bruchteil der abgegebenen Stimmen – etwa 20.000 – sei es bekanntermaßen zu Pannen gekommen; es sei nicht verhältnismäßig, wenn deswegen nun in allen Wahlbezirken die Wahl wiederholt werden müsste.
Das Berliner Verfassungsgericht argumentierte hingegen, dass unklar sei, wie umfassend die Pannen gewesen seien und daher der Vertrauensverlust in die Wahl so groß sei, dass diese wiederholt werden müsse. Zudem seien selbst die Fehler in dem bekannten Ausmaß möglicherweise mandatsrelevant gewesen, hätten also Auswirkungen auf die Verteilung der Sitze haben können.
Nach Angaben des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom Tag der Verkündung haben „etwaige außerordentliche Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung“. Zum weiteren Ablauf in Karlsruhe konnte der Sprecher des Bundesverfassungsgerichts zunächst nichts sagen.
Klage auch gegen Wiederholung der Bundestagswahl
Die ebenfalls pannenreiche Bundestagswahl in Berlin vom selben Tag soll nur in bestimmten Bezirken wiederholt werden, in denen es nachgewiesene Probleme gab. Das hatte der Bundestag auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses am 10. November beschlossen.
Dass diese Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht überprüft wird, steht nach dem Eingang erster Wahlprüfungsbeschwerden schon fest. Die Frist hierfür läuft bis 10. Januar, bis Freitag waren laut Sprecher sechs Beschwerden eingegangen. Auch die Fraktionen von Union und AfD hatten jeweils eine eigene Wahlprüfungsbeschwerde angekündigt. Sie wollen eine breitere beziehungsweise vollständige Wiederholung der Wahl.
Die Wahlen waren damals in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen. Es gab lange Schlangen und Wartezeiten, falsche oder fehlende Stimmzettel, weswegen Wahllokale vorübergehend schließen mussten. Vielerorts blieben sie bis weit nach 18 Uhr geöffnet, um den Wartenden noch die Stimmabgabe zu ermöglichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut