Film „The Magic Flute“: Mozart meets Mystery
In der „Zauberflöte“ steckt ein Coming-of-Age-Abenteuer. Der Fantasy-Film „The Magic Flute“ kitzelt das jetzt mit vielen Effekten heraus.
Eine märchenhafte Parallelwelt, ein verwunschenes Internat mitten im Wald, knutschende Teenager und eine Prise Special Effects – seit den „Harry Potter“- Filmen ist das ein ziemlich sicheres Kochrezept für einen Kassenschlager. Pünktlich zur Weihnachtszeit setzen Regisseur Florian Sigl und Produzent Roland Emmerich noch einen drauf und fügen dem bewährten Mix ein bisschen Gesang und Musik von Mozart hinzu.
Der Film „The Magic Flute – das Vermächtnis der Zauberflöte“, bedient sich großzügig aus Mozarts Zauberflöten-Universum. Das ist den Fantasy-Welten von J. K. Rowlings oder J. R. R. Tolkiens sehr nahe: Auch dort kämpft ein junger Held gegen die Kräfte der Finsternis und besteht mit der Unterstützung magischer Gegenstände gefährliche Abenteuer.
In der Kinofassung von 2022 heißt er Tim Walker und träumt davon, Sänger zu werden. Tim besucht ein elitäres Musikinternat, wo ihm Drill und Leistungsdruck das Leben schwermachen. Während eines öffentlichen Vorsingens wird er vom drakonischen Schuldirektor zur Schnecke gemacht und von der schulischen Weihnachtsaufführung ausgeschlossen: Für den Sängerberuf, so des Maestros vernichtendes Urteil, fehle es ihm an Haltung und Disziplin.
Prinzessin retten
Trost findet Tim in einem vielversprechenden Flirt mit einer Mitschülerin und in einem magischen Buch. Es ist ein Portal in das Reich der Königin der Nacht und ihres Gegenspielers, des Sonnenpriesters Sarastro. Dort wird Tim zu Prinz Tamino. Mit ein bisschen Mut und den Klängen einer verzauberten Flöte rettet er die schöne Prinzessin Pamina und bewahrt das Reich vor ewiger Dunkelheit. Künstlerisch und menschlich gestärkt kehrt er in die Wirklichkeit zurück und zeigt seinen Lehrern endlich, was in ihm steckt.
Diese fantastische Coming-of-Age-Story beschönigt ein wenig die durchaus reale schwarze Pädagogik an künstlerischen Ausbildungsstätten – das ist eine zumindest fragwürdige Botschaft. Umso mehr Spaß macht dafür Mozarts Musik, deren Humor und virtuoser Drive im Jahr 2022 immer noch mitreißen. Zu viel operalem Schmelz aber wollte man dem Publikum von heute nicht zumuten: Die Darsteller singen ihre Arien mit weichgespültem Musical-Belt, was zwar der Textverständlichkeit zugute kommt, aber die Klanggewalt schmälert.
Nur Sopranistin Sabine Devieilhe und Morris Robinson, beides renommierte Opernsänger, lassen ihr volles Vibrato schwingen und beweisen damit, dass auch die sogenannte E-Kultur ganz großes Kino kann.
Auch kinematografisch ist der Film ein Genuss: Etwa wenn eine riesenhafte Schlange, die Tamino nach dem Leben trachtet, auftaucht. Oder wenn die durch den Nachthimmel schwebende Königin waghalsige Koloraturen schmettert. Nicht zuletzt sorgen die zinnenbesetzten Internatstürme, die schwer an die Zauberschule Hogwarts erinnern, für Popcorn-Vergnügen
Das unterhält, aber berührt nicht wirklich. Wie viel zarter und geheimnisvoller kommt im Vergleich Ingmar Bergmanns Zauberflötenfilm von 1975 daher. Das kindliche Staunen des zeitlosen Märchens bringt er mit einem einfachen Kunstgriff auf die Leinwand: Nahaufnahmen zeigen die leuchtenden Augen eines kleinen Mädchens, das die Geschichte gebannt aus dem Zuschauerraum verfolgt.
„The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte“. Regie: Florian Sigl. Mit Jack Wolfe, Asha Banks u. a. Deutschland 2022, 124 Min.
Ihre Augen sind die Tore zu einem Fantasiereich, das sich nur durch die Musik, nicht aber in Worten und Bildern beschreiben lässt. Daneben wirken Emmerichs und Sigls CGI-Schlachten fast schwerfällig. Wer Lust auf zünftiges Entertainment hat, ist dort gut aufgehoben. Wer sich aber wahrhaft verzaubern lassen will, bleibt bei Bergmanns Klassiker– oder geht am besten gleich in die Oper und lässt sich dort durch das Wunder der Livemusik in fantastische Sphären entführen.
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