G20-Gipfel will Russland verurteilen: „Unermessliches menschliches Leid“

Im Entwurf für das G20-Abschlusspapier wird Russlands Angriff auf die Ukraine schwer verurteilt. Ob Russland den Text so mitträgt, ist offen.

Kanzler Scholz, der türkische Präsident Erdogan und Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud beim G20-Gipfel

Kanzler Scholz, der türkische Präsident Erdoğan und Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud beim G20-Gipfel Foto: Kay Nietfeld/dpa

NUSA DUA/BERLIN afp/rtr/dpa | Beim G20-Gipfel in Indonesien zeichnet sich eine klare Stellungnahme gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ab. Von den meisten G20-Mitgliedern werde der Krieg in der Ukraine „scharf verurteilt“, heißt es in einem Entwurf für die gemeinsame Abschlusserklärung, den mehrere Nachrichtenagenturen am Dienstag einsehen konnte.

In dem Text werden auch die negativen Auswirkungen des Kriegs auf die Weltwirtschaft hervorgehoben. Der Krieg verursache „unermessliches menschliches Leid und verschärft die bestehenden Schwachstellen in der Weltwirtschaft“, heißt es in dem Entwurf, der noch von den Staats- und Regierungschefs bestätigt werden muss. Das Dokument soll zum Abschluss des Treffens am Mittwoch veröffentlicht werden.

Die Gruppe der großen Wirtschaftsnationen (G20) setzt sich auch für die Fortsetzung des Abkommens über den Export von ukrainischem Getreide ein. Im Entwurf für die Abschlusserklärung wird die unter Vermittlung der Türkei und der UN mit Russland geschlossene Vereinbarung ausdrücklich begrüßt.

Zugleich wird in dem Entwurf festgehalten, dass es „abweichende Ansichten“ gab und dass der G20-Gipfel kein Forum sei, „um Sicherheitsfragen zu lösen“. Russland lehnt es bisher ab, die Invasion der Ukraine als Krieg zu bezeichnen, und spricht von einer „militärischen Spezialoperation“.

In dem Entwurf für die Gipfelerklärung wird der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen als „unzulässig“ bezeichnet. Das Dokument enthält außerdem die Forderung, das Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine zu verlängern. Die Vereinbarung läuft am Samstag aus.

Ob dieser Text in dieser Form auf dem G20-Gipfel am Dienstag und Mittwoch beschlossen werden kann, ist nach Angaben von EU-Diplomaten wegen des Widerstands des G20-Mitglieds Russlands noch unsicher.

Aufruf zur Weltrettung

Der Präsident des G20-Gastgeberlandes Indonesien, Joko Widodo, rief bei seiner Eröffnungsrede am Dienstag zur Einigkeit auf. „Wir haben keine andere Wahl, wir müssen zusammenarbeiten, um die Welt zu retten“, sagte er. Die Gruppe dürfe nicht zulassen, dass „die Welt in einen weiteren kalten Krieg verfällt“. Wenn der Krieg nicht beendet werde, sei es für die Welt schwierig, voranzukommen, sagte er, ohne direkt den russischen Einmarsch in der Ukraine zu benennen. Er warb dafür, dass sich die Länder trotz der tiefen politischen Spaltungen, die der Krieg in der Ukraine verursacht habe, auf Maßnahmen zur Unterstützung der weltweiten wirtschaftlichen Erholung konzentrieren. „Die G20 müssen der Katalysator für einen umfassenden wirtschaftlichen Aufschwung sein.“

Das Forum der 19 führenden Wirtschaftsnationen und der Europäischen Union tagt am Dienstag und Mittwoch auf er indonesischen Insel Bali. Es gegründet, um die Kooperation zu fördern und die Zusammenarbeit bei globalen Themen zu koordinieren – dazu gehören etwa die Finanzstabilität, der Klimawandel und nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Zu den G20 gehören sowohl Industriestaaten als auch Schwellenländer. Gemeinsam sind sie für 80 Prozent der globalen Wirtschaftsaktivität verantwortlich und stellen etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung.

Die Mitgliedsländer sind Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Südkorea, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, die Türkei, Großbritannien und die USA. Die politische Führung all dieser Länder wollte auf Bali vertreten sein, ausschließlich des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der stattdessen seinen Außenminister Sergej Lawrow schickte.

Selenski bekräftigt Bedingungen für Kriegsende

Unter den Nicht-Mitgliedern, die zur Teilnahme eingeladen wurden, ist der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, der sich am Dienstag online zugeschaltet hat. Bei seiner Rede per Video hat er seine Bedingungen für ein mögliches Ende des russischen Angriffskriegs gegen sein Land bekräftigt. Dazu gehöre der vollständige Abzug russischer Truppen und die lückenlose Wiederherstellung der Kontrolle der Ukraine über ihr Territorium, sagte Selenski.

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