Sven Hansen über das Treffen von Joe Biden und Xi Jinping
: Tanz um rote Linien

Aus Sicht der US-Regierung ist die Volksrepublik China „der einzige Konkurrent, der nicht nur die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, sondern auch über die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht verfügt, dies zu tun“. So heißt es in der US-Sicherheitsstrategie vom Oktober. Sie sieht in China die größte geopolitische Herausforderung der USA und unterstellt der Volksrepublik, zur führenden Weltmacht werden zu wollen. Umgekehrt sehen Pekings Strategen die USA als absteigende Macht, deren Ziel es sei, Chinas Aufstieg zu blockieren.

Unabhängig davon, für wie zutreffend man diese Analysen hält, ist zuletzt immer offensichtlicher geworden, dass beide Seiten jeweils ihre Strategie und Politik danach ausrichten. Steuern sie also auf einen unvermeidbaren Konflikt hin? Jein, lautet die erste Antwort, nachdem beide Präsidenten jetzt erstmals in Bali miteinander sprachen.

Im Vorfeld hatte das Erwartungsmanagement die Erfolgsaussichten möglichst tiefgestapelt, aber doch zumindest von US-Seite die Hoffnung ventiliert, das erfolgreiches Konfliktmanagement möglich sei. Wie zu erwarten, sind sich beide Präsidenten bei ihrem von Biden als „offen“ bezeichneten Austausch in der Taiwan-Frage nicht nähergekommen. Laut Weißem Haus prangerte Biden ein „zunehmend aggressives Vorgehen Pekings gegen Taiwan“ an. Umgekehrt warnte Xi laut chinesischen Staatsmedien ­Biden, in der Taiwan-Frage keine „roten ­Linien“ zu überschreiten.

Der US-Präsident hatte vor dem Treffen gesagt, es solle dem Austausch über jeweilige „roten Linien“ dienen. Dabei gleich Bewegung zu erwarten, zumal es für Peking in der Taiwan-Frage stets ums Eingemachte, sprich Innenpolitik geht, ist sicher völlig vermessen. Bewegung gab es hingegen beim Umgang mit dem russischen Krieg in der Ukraine. Hier hat Xi laut Biden jegliche Atomdrohungen verurteilt. Das hörte sich in chinesischen Medien zwar nicht so klar an. Doch bleibt festzuhalten: Weitere Dialoge sind so wichtig wie nötig. Denn nur so lassen sich Spannungen abbauen.

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