Zu Fuß diagonal über die Kreuzung: Ein bisschen Tokio in Hamburg

Die SPD will in Hamburg-Eimsbüttel eine Diagonal-Kreuzung schaffen und Fuß­gän­ge­r:in­nen damit das Leben erleichtern.

Ein Passant geht über eine Kreuzung bei der auf jeder Straße ein Zebrastreifen ist.

Wenn dieser Passant wollte, könnte er auch diagonal über die Straße laufen: Kreuzung in Tokio Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

HAMBURG taz | So ganz neu ist die Idee nicht, die von der SPD in den Bezirks­ausschuss Eimsbüttel eingebracht wurde. Das Konzept einer Kreuzung, die allen Fuß­gän­ge­r:in­nen gleichzeitig grünes Licht gibt und dadurch auch eine diagonale Überquerung ermöglicht, findet in den USA bereits seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts Verwendung.

Prominent ist die Shibuya-Kreuzung in der Metropole Tokio, mittlerweile gleichermaßen Touristen-Attraktion wie Straßenüberquerungshilfe. Mehrere Tausend Menschen überqueren dort die Kreuzung horizontal, vertikal und diagonal – pro Grünphase. In Japan ist das Konzept am stärksten verbreitet. Hier finden sich heute mehr als 300 Kreuzungen dieser Art.

Die Vorteile einer solchen Kreuzung liegen auf der Hand. Müssen bei konventionellen Kreuzungen zwei Straßen überquert werden, um die diagonal gegenüberliegende Seite zu erreichen, sind für Fuß­gän­ge­r:in­nen bei einer Diagonalquerung alle Seiten in nur einer Grünphase erreichbar.

Und weil zu keinem Zeitpunkt Autos und Fuß­gän­ge­r:in­nen gleichzeitig grün bekommen, sinkt das Risiko von Abbiegeunfällen im japanischen Kreuzungsdesign erheblich. Auch der motorisierte Verkehr läuft ohne kreuzenden Fußverkehr flüssiger. Einzig und allein die Wartezeit erhöht sich durch drei anstelle von zwei Ampelphasen für alle Parteien ein wenig.

Weil zu keiner Zeit Autos und Fußgänger zugleich grün bekommen, sinkt das Unfallrisiko

Prädestiniert ist das Konzept damit vor allem für Kreuzungen mit einem hohen Fußgänger:innenaufkommen, beispielsweise an belebten Straßen oder Umstiegsknoten öffentlicher Verkehrsmittel. Doch trotz der Vorteile und vergleichsweise geringen Kosten finden sich bislang nur vereinzelt Diagonalqueren in Deutschland wie etwa in Berlin an der Ecke Friedrichstraße/Kochstraße, gleich neben dem ehemaligen taz-Gebäude.

In Hamburg gibt es bislang hingegen keine Kreuzung dieser Art. Das möchte die SPD-Fraktion Eimsbüttel mit ihrem Antrag in der Bezirksversammlung nun ändern. Als Schauplatz haben sich die So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen die Kreuzung Osterstraße/Heußweg ausgesucht.

Neben verschiedenen Geschäften des Einzelhandels finden sich an allen vier Ecken der Kreuzung auch Ein- und Ausgänge zur Station Osterstraße der U-Bahn Linie 2. Die Kreuzung einfach durch die ­U-Bahn-Station zu unterlaufen, ist allerdings nicht möglich, da anders als bei den meisten Hamburger U-Bahn-Stationen in der Osterstraße kein Zwischenbahnsteig mit Zugang zu beiden Gleisen, sondern Außenbahnsteige mit jeweils nur einem Gleis vorhanden sind.

So wird trotz allseits vorhandener Zugänge für das Erreichen der U-Bahn oft eine Überquerung der Fahrbahn notwendig. Wer nicht ortskundig ist, landet an der Osterstraße zudem häufig am falschen Bahnsteig und muss folglich ebenfalls die Straße queren.

„Es geht uns nicht darum, ein neues Wahrzeichen zu schaffen, sondern ganz konkret die Situation für Fußgängerinnen und Fußgänger im Zentrum Eimsbüttels zu verbessern“, sagt ­Koorosh Armi, der verkehrspolitische Sprecher der SPD Fraktion Eimsbüttel. „Konflikte werden entschärft, die Sicherheit wird erhöht.“

Bezirksversammlung muss zustimmen

Die Kreuzung habe man sich unter anderem wegen der Situation mit der ­U-Bahn-Station ausgesucht, aber auch andere Faktoren wie die Fahrbahnbreite und die Verkehrsführung würden zum diagonalen Konzept passen, findet Gabor Gottlieb, der Fraktionsvorsitzende der SPD-Eimsbüttel.

„Die Osterstraße als Einkaufs- und Flanierstraße wird schon seit einigen Jahren fußgängerfreundlicher gestaltet, die verbesserte Überquerung der Kreuzung passt da ins Konzept und erhöht zudem die Aufenthaltsqualität am angrenzenden Fanny-Mendelssohn-Platz“, erläutert Gottlieb.

Nächstes Jahr könnte die Umgestaltung dann Form annehmen – vorausgesetzt, die SPD kann in der Eimsbütteler Bezirksversammlung eine Mehrheit für den Vorschlag gewinnen. Größere bauliche Maßnahmen seien für die Umgestaltung nicht notwendig. Mit einer ­polizeilichen Anordnung müssten nur Ampelanlagen ausgebaut, Fahrbahnmarkierungen angepasst und die Ampelschaltung umgestellt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.