Gereon Asmuth über den Umgang mit Putins Drohungen
: Verhandlungen jetzt!

Eins vorab, weil es wichtig ist: Dies ist kein Putin-Versteher-Kommentar. Jedenfalls nicht in dem Sinne, dass er Putins Handeln für irgendwie angemessen hält. Was der russische Despot betreibt, ist verwerflich. Und dennoch lautet das Gebot der Stunde, dass alles dafür getan werden muss, um mit Putin ins Gespräch zu kommen. Offene Verhandlungen ohne Vorbedingungen. Das muss die schärfste Reaktion des Westens sein. Warum? Weil sonst der Atomkrieg droht.

Ist das nicht irre? Ja, leider. Aber wer auch nur ansatzweise versucht zu verstehen, wie Putin tickt, kommt schnell zu der Erkenntnis, dass sehr wenig, genauer genommen gar nichts dafür spricht, dass Putin auf den Einsatz von Atomwaffen verzichten würde. Denn offensichtlich ist ihm alles egal.

Mit jeder Erfolgsmeldung der ukrainischen Armee wird der Atomkrieg wahrscheinlicher. Gerade weil Putin in die Ecke gedrängt wurde, was ihn unberechenbar macht. Gerade weil er mit der Einverleibung der Ostgebiete die Grenze und damit die rote Linie auf eine für die Ukraine nicht akzeptable Weise nach Westen verschoben hat. Dagegen hilft nur das schärfste Schwert der Demokratien: reden.

Schon klar. Bisher hat Putin jedes Gespräch abgelehnt. Auch weil ihm – verständlicherweise – nichts geboten wurde. Deshalb müssen Gespräche so offen sein, dass alles auf den Tisch kommt. Und alles heißt auch: der Grenzverlauf. Krim. Donezk. Luhansk. Das ist unerträglich. Aber immer noch erträglicher als ein Atomkrieg.

Macht das den Westen nicht erpressbar? Nein. Der Westen war längst erpressbar – durch die Abhängigkeit von russischem Gas, Öl und anderen Rohstoffen. Und er wird erpressbar bleiben, solange Putin am roten Knopf sitzt.

Die Eskalation kann man nur mit einer Waffe bekämpfen: Deeskalation. Ein Waffenstillstand wird zwar an schmerzhafte Bedingungen für beide Seiten geknüpft. Nichts, das man wirklich gut heißen kann. Und Nicht-Krieg ist noch lange kein Frieden. Aber immer noch besser als Atomkrieg.

krieg in der ukraine