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Die Personalchefin eines Bäckereibetriebs sucht Arbeitskräfte über Facebook

Stellenausschreibungen? Die veröffentlichen sie auf allen möglichen Plattformen – sogar auf Facebook, um möglichst viele Menschen zu erreichen, erklärt Katrin Exner. Als Personalchefin ist sie im Bäckereibetrieb Exner für mehr als 240 Mitarbeitende verantwortlich.

Im Moment gibt es zehn freie Stellen in der Firma, sagt Exner und ergänzt: „Wir sind eigentlich immer auf der Suche nach Angestellten.“ Hauptsächlich suche sie nach Fachkräften, aber es gebe Plätze für Quereinsteiger:innen. Der tägliche Betrieb lasse sich trotzdem noch gut bewältigen. Allerdings stocke die Unternehmensentwicklung, weil einfach keine Kapazitäten dafür vorhanden seien, erklärt sie.

Ein großer Teil der Bewerbungen, die sie über Facebook erreichen, seien jedoch schwer zu bearbeiten: Es handele sich oft um Be­wer­be­r:in­nen aus dem außereuropäischen Ausland, die schnell einen Arbeitsvertrag wollten, um legal nach Deutschland einreisen zu können. Den Exners ist das zu unsicher. Würde sich etwas in der arbeitsmigrationsrechtlichen Lage ändern – etwa durch ein Visum für Bewerbungsgespräche oder Probearbeiten –, dann ließen sich auch Arbeitskräfte aus dem außereuropäischen Ausland leichter einstellen, meint Katrin Exner.

Die offenen Stellen beim Bäckereibetrieb Exner sind auch bei der Agentur für Arbeit gelistet. Trotzdem könne sie nur wenige neue Mit­ar­bei­te­r:in­nen nach einer Vermittlung durch das Arbeitsamt einstellen, berichtet die Personalchefin: „Entweder die Leute kommen gar nicht erst zum Bewerbungsgespräch, oder sie kommen danach nie wieder.“ Viele Be­wer­be­r:in­nen würden gleich im Vorstellungsgespräch klarstellen, dass sie nur für den benötigten Stempel gekommen seien. ­Exner versteht nicht, warum das Arbeitsamt da keine bessere Vorarbeit leistet: „Man muss die Menschen doch nicht zwingen, sich bei uns vorzustellen, wenn der Beruf nichts für sie ist.“

Eine Ursache für den Arbeitskräftemangel in der Bäckereibranche sieht Exner in der schleppenden Modernisierung der Lehrinhalte. Die Ausbildung hinke Jahre hinter der rasanten Entwicklung des Lebensmittelhandwerks zurück. Es gebe völlig neue IT- und Kassensysteme. Wichtig sei aber auch ein stärkerer Fokus auf nachhaltige Produktionsweisen. Weil solche Themen zu kurz kommen, seien die fertig ausgebildeten Mit­ar­bei­te­r:in­nen zum Teil gar nicht auf dem neusten Wissensstand.

Das schlechte Image der Branche sei ein weiterer Grund für die vielen offenen Stellen. Vor allem der vermeintlich frühe Schichtbeginn schrecke viele potenzielle Mit­ar­bei­te­r:in­nen ab. Zu Unrecht: Man müsse aber gar nicht mehr in jedem Beruf in der Bäckereibranche früh aufstehen, stellt Katrin Exner klar.

Marita Fischer

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