: Der Plan für den Ausstieg steht
Das Hamburger Kraftwerk Tiefstack soll ab Ende des Jahrzehnts Wärme ohne Kohle erzeugen
Von André Zuschlag
Bis alles umgesetzt ist, was Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) am Freitagvormittag in einem Nebengebäude des Heizkraftwerks Tiefstack verkündete, wird es noch mindestens sechs, vielleicht sogar acht Jahre dauern. Statt Steinkohle zu verbrennen, soll hier ab Ende des Jahrzehnts zum großen Teil klimaneutral Energie erzeugt werden; Hamburgs Kohleausstieg würde damit vollendet.
Strom, vor allem aber Wärme produziert das kommunale Kraftwerk am Tiefstack im Osten Hamburgs. Rund 500.000 Wohnungen werden mit lokaler Fernwärme des städtischen Unternehmens Hamburger Energiewerke (HEW) zum Heizen und zur Warmwasserbereitung versorgt. Die Wärme wird dafür bislang vor allem durch das Verbrennen von Steinkohle erzeugt, überwiegend im Kraftwerk Tiefstack.
Herzstück der geplanten Transformation sind zwei Flusswasser-Wärmepumpen. Sie sollen aus der Elbe und dem Nebenfluss Bille Wärme gewinnen und sie über das Kraftwerk ins Fernwärmenetz speisen. Die Pumpen würden die Hälfte der machbaren 460 Megawatt Erzeugungsleistung des Kraftwerks ausmachen. Außerdem soll Abwärme umliegender Industriebetriebe genutzt und eine Power-to-Heat-Anlage gebaut werden, die durch Windstrom Wärme produziert. Auch aus der Müllverbrennung soll Energie gewonnen werden.
Kohle soll künftig nicht mehr verbrannt werden. Ohne das Verbrennen von Biomasse oder alternativ Erdgas sei die Versorgungssicherheit aber nicht zu gewährleisten, sagte Kerstan. Rund 25 Prozent dürfte der Anteil dieser klimaschädlichen Erzeugung dann betragen. Allerdings ist das Verbrennen von Buschgehölz aus Namibia – zumindest vorerst – vom Tisch. Stattdessen will die HEW einzig nicht mehr anders zu nutzende Biomasse verbrennen, wie etwa Totholz. Die CO2-Emissionen sollen sich jedenfalls von jährlich einer Million auf 200.000 bis 300.000 Tonnen reduzieren.
Doch ob alle diese Ideen so umgesetzt werden, ist noch nicht abschließend klar. Sie sind das Ergebnis eines einjährigen Entwicklungsprozesses, bei dem auch ein Beteiligungsgremium mit Expert:innen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, von Gewerkschaften, Unternehmensverbänden sowie aus der Wissenschaft eingebunden war.
Umweltorganisationen hatten bereits die Bedingungen für das Gremium kritisiert. So mussten alle Mitglieder Verschwiegenheitsklauseln unterzeichnen. „Der Beteiligungsprozess war so konzipiert, dass keine Transparenz, geschweige denn eine Partizipation der Zivilgesellschaft an Entscheidungen zur Umgestaltung der Wärmeversorgung, möglich war.“
Und auch nach der Vorstellung herrscht kein einhelliger Jubel: „Hamburg sollte sich die Umrüstung von Tiefstack auf die Verbrennung von Holz- und Gas komplett sparen“, sagte Lucas Schäfer, Geschäftsführer des BUND Hamburg.
Den Umweltsenator dürfte diese Kritik kaum überraschen – er hat sie vielmehr schon bei seiner Vorstellung mit eingespeist: „Auch wenn wir es für ein tragfähiges Konzept halten, soll die öffentliche Diskussion darüber nun starten.“
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