Selbstbestimmung bei Name und Geschlecht

Transsexuellengesetz ade: Familienministerin Lisa Paus und Justizminister Marco
Buschmann haben Eckpunkte des neuen Selbstbestimmungsgesetzes vorgestellt

Das Selbstbestimmungsgesetz löst das alte Transsexuellengesetz von 1981 ab Foto: Fo­to:­ Kay Nietfeld/dpa

Von Shoko Bethke

Zufrieden halten Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Justizminister Marco Buschmann die Eckpunkte des neuen Selbstbestimmungsgesetzes vor die Kameras. Der FDP-Politiker erklärt, dass es in der Koalition ein „hohes Maß an Übereinstimmung“ gegeben habe und er sich über das gute Ergebnis freue. Auch die Grünenministerin betont, dass die Gesellschaft „an vielen Stellen schon weiter“ sei als die Gesetze, und dass Selbstbestimmung endlich möglich werde.

Das neue Selbstbestimmungsgesetz soll damit an die Stelle des bisherigen Gesetzes treten, das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG). Mit dem neuen Gesetz will die Ampel der Resolution des Europarates vom April 2015 folgen: In dieser war festgelegt worden, dass der Schutz von trans Menschen vor Diskriminierung gewährleistet werden soll. Mit dem neuen Gesetz werden Erwachsene mit einem einzigen Gang zum Standesamt ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag ändern lassen können. Benötigt wird dafür künftig lediglich eine eidesstattliche Erklärung. Um die Ernsthaftigkeit sicherzustellen, wird es nach der Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr geben. Mit dem Gesetz will die Ampel­koalition den Alltag von trans, ­nichtbinären und agender Menschen verbessern, die häufig Diskriminierung aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität erfahren.

Das bisherige TSG aus dem Jahr 1981 sieht vor, dass Betroffene für die Änderung von Name oder Geschlechtseintrag zwei psychologische Gutachten einholen müssen. Viele trans ­Menschen kritisierten diesen Vorgang als übergriffig, da für die Erstellung des Gutachtens zum Teil intime Fragen gestellt werden. Ferner ist der Vorgang mit hohen Kosten und langer Bearbeitungsdauer verbunden.

Mit dem neuen Gesetz sollen nicht nur die Gutachten entfallen: Auch Minderjährige ab dem 14. Lebensjahr können dann ihren Namens- und Geschlechtseintrag ändern lassen – allerdings mit Zustimmung der Eltern. Bei familieninternen Konflikten soll das Familiengericht die Entscheidung treffen, das sich an dem Kindeswohl orientiert.

Um für mehr Aufklärung zu sorgen, will die Ampelkoalition mehr Beratungsangebote einführen. Für den Fall, dass Betroffene Opfer von Zwangs-Comingout durch Privatpersonen oder Behörden werden, soll es Bußgeld geben.

Sowohl Paus als auch Buschmann betonen, dass es sich bei der Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes um eine rechtliche Änderung handelt und nicht um einen medizinischen oder psychologischen Eingriff.

Dass das neue Gesetz missbraucht werden könnte, hält Paus für unwahrscheinlich. Auch Buschmann glaubt nicht an ein künftiges „Pingpong“ von Eintragsänderungen, da stets auch sämtliche Dokumente wie EC-Karte und Personal­ausweis geändert werden müssen.

Dass sich die Gewalt gegen Frauen in Umkleidekabinen oder Frauenhäusern verstärken könnte, befürchtet die Familienministerin nicht: „Trans Frauen sind Frauen“, betont Paus, und dass Gewalt „unabhängig vom Geschlecht“ geschehe. Dies habe nichts mit dem Selbstbestimmungsgesetz zu tun.

Hagen Löwenberg, Facharzt und Psychotherapeut, arbeitet seit 30 Jahren mit trans Menschen zusammen und begrüßt das kommende Gesetz. Derzeit beanspruche der Staat noch „die Deutungshoheit darüber, welchem Geschlecht wir angehören“, sagt er der taz. Zukünftig sei dies nicht mehr fremd-, sondern selbstdefiniert.

Er hofft, dass das Gesetz langfristig zu mehr Akzeptanz gegenüber trans Menschen in der Gesellschaft führen wird. Das aus seiner Sicht wichtige Signal: dass „jede Person nur selbst beantworten kann, welchem Geschlecht sie angehört“.

Der Bundesverband Trans* erklärte, die Eckpunkte „sehen viele wegweisende Verbesserun­gen vor“. Kalle Hümpfer von Trans* erklärte, dass viele Betroffene sehnlichst darauf warten würden, dass das Selbstbestimmungsgesetz eingeführt wird.