Russland fahndet nach SciFi-Autor: Putinkritiker kann nicht zurück
Russland schreibt den SciFi-Autor Dmitry Glukhovsky zur Fahndung aus. Der positioniert sich klar gegen den Angriffskrieg in der Ukraine.
Die Liste derer, die das russische Regime als Staatsfeinde identifiziert, wächst beständig – nun ist einer der berühmtesten russischen Gegenwartsautoren hinzugekommen. Der Science-Fiction-Schriftsteller Dmitry Glukhovsky, dessen Roman „Metro 2033“ sich in Russland mehr als eine halbe Million Mal verkaufte, ist am Dienstag vom russischen Staat zur Fahndung ausgeschrieben worden.
Der 42-Jährige ist einer der prominentesten Putin-Gegner aus der russischen Kulturszene, er hat seit Jahren vor dem Weg seines Landes in den Totalitarismus gewarnt. Wiederholt hatte er zuletzt gefordert, der russische Angriffskrieg müsse gestoppt werden, und sich solidarisch mit den Ukrainer:innen erklärt.
„Unfair, ungerecht, rücksichtslos, völlig falsch“ nannte er die Invasion zu Kriegsbeginn auf Arte. Auf Instagram hatte er diese Haltung kürzlich bekräftigt: „Nein zum Krieg in der Ukraine. Gebt zu, dass es ein Krieg gegen das ganze ukrainische Volk ist, und beendet ihn.“
Russland wirft ihm nun einen „Verstoß gegen das russische Strafgesetzbuch“ vor. Seit Einführung des „Fake News“-Gesetzes Anfang März drohen Haftstrafen von bis zu 15 Jahren, wenn man den Krieg beim Namen nennt oder die russischen Streitkräfte „diskreditiert“.
Beleidigung der russischen Armee
„Der Artikel, nach dem ich beschuldigt werde, heißt ‚Beleidigung der russischen Armee‘, aber eigentlich ist es ein Zensurparagraf. Ein Gesetz, das es ermöglicht, Pazifisten in Russland zu verfolgen“, erklärte Glukhovsky am Mittwoch auf Facebook. Er sei bereit, seine Aussage auf Instagram genau so zu wiederholen.
In den vergangenen Jahren hatte der Autor in Moskau und Barcelona einen Wohnsitz, derzeit hält er sich wohl in Westeuropa auf. Erst vor wenigen Tagen hatte er gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland erklärt, durch seine klare Haltung zum Ukrainekrieg habe er sich „die Möglichkeit zur Rückkehr verbaut“.
Was den kommerziellen Erfolg betrifft, rangiert Glukhovsky in Russland in etwa in einer Sphäre wie Juli Zeh hierzulande. Um seine „Metro“-Romantrilogie, die in einer Welt nach der nuklearen Zerstörung einsetzt, entstand eine ganze Saga. Ein Computerspiel und weitere Adaptionen folgten.
Im dritten Teil („Metro 2035“, auf Dt. 2016 bei Heyne), skizzierte er den Putin’schen Propaganda- und Lügenapparat sowie die Dämonisierung des Westens, der Roman glich bereits einer wahr gewordenen Dystopie. Spätestens jetzt hat diese neue Realität auch den Schriftsteller Dmitry Glukhovsky eingeholt.
Mitarbeit: Gaby Coldewey
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen