Als wir neulich einen Skinhead erzogen: Zwangsarbeit bei McDonald's

Nachts bei McDonald's lassen sich super Sachen erleben. Zum Beispiel ein angemessener Umgang mit Skinheads.

Eine Hand wendet zwei Rindfleisch-Buletten auf einer Grillplatte.

Wiedereingliederung von Glatzen in die Arbeitswelt: So könnte sie aussehen Foto: dpa / Peter Kneffel

Punkt 24 Uhr nachts wacht Hatice auf und will unbedingt zum McDonalds. „Osman, fahr sie dahin. Sonst wird sie uns bis morgen früh nicht schlafen lassen“, sagt meine Frau. „Ob das eine gute Erziehungsmethode ist?“, frage ich.

„Sie hat uns bereits so erzogen“, gähnt Eminanim resigniert. Also fahre ich mit meiner kleinen Tochter zum Hamburgerladen und hoffe inständig, dass sie längst dichtgemacht haben.

Haben sie aber leider nicht! Es gibt wohl noch mehr Verrückte von Hatices Sorte, die nachts von fettigen Pappbrötchen träumen. Der Laden ist total leer und angenehm ruhig – bis ein Skinhead reinplatzt! Obwohl wir vorher da waren, kümmert sich die Kellnerin zuerst um ihn, wofür ich volles Verständnis habe.

„Der N**** soll mich bedienen! Der N**** soll kochen, der N**** soll’s mir bringen“, brüllt der späte Gast übertrieben laut durch den Laden.

Die Kellnerin gibt die Bestellung aber nicht beim angesprochenen Koch ab, sondern läuft direkt nach hinten zu einem anderen Kollegen. Der hört sich alles seelenruhig an, läuft ganz langsam zur Ladentür und schließt ab.

„Du Kanacke, warum schließt du die Tür ab?“, wird der Glatzkopf unruhig.

Ohne zu antworten, geht er dann genauso ruhig zu dem Skinhead rüber und hält ihm plötzlich eine Pistole an den Kopf.

„So, du kommst jetzt mit nach hinten“, sagt er immer noch ruhig. Ein Hauch von Clint Eastwood weht durch den Raum.

„Anthony, sag dem Skinhead jetzt, was du essen willst!“

„Okay, Chef“, stammelt der Koch ängstlich und gibt seine Bestellung auf.

„Das will ich auch, Chef“, ruft Hatice gierig dazwischen.

„Du Arschloch, du machst jetzt alles fertig und bringst es brav an den Tisch, hast du gehört?“, gibt der Chef weiterhin seine Regieanweisungen durch.

Der arme Skinhead schwitzt Blut und Wasser, bis er mit Hilfe der Kellnerin alles fertig gemacht hat. Es sind ja auch keine idealen Arbeitsbedingungen für einen jungen Mann. Erstens ist er noch ungelernt und muss sofort ran, zweitens muss er ohne entsprechende Bezahlung Nachtschicht schieben und drittens handelt es sich hier allem Anschein nach auch noch um Zwangsarbeit!

Aber mit etwas Wohlwollen könnte man diese ungewöhnliche Aktion auch als „Wiedereingliederung der Glatzköpfe in die Arbeitswelt“ betrachten.

Nach zwanzig Minuten bekommt zuerst Anthony sein Essen, dann bekommt Hatice ihr Tablett vom neuen Aushilfskellner serviert.

„Arschloch, jetzt verschwinde, und lass dich hier nie wieder blicken!“, brüllt der Chef und schließt die Tür wieder auf.

Der Skinhead macht sich blitzschnell auf die Socken. Der Chef kommt gut gelaunt mit dem Ballermann in der Hand zu uns an den Tisch.

„Na, Kleine, willst du diese Pistole haben?“, fragt er meine Tochter.

„Klar, gib her!“, ruft Hatice sofort mit glänzenden Augen.

„Musst du aber noch Wasser rein machen“, grinst er cool und souverän, wie eben all die Clint Eastwoods dieser Welt grinsen, wenn sie einen stadtbekannten Schurken in die Flucht getrieben haben.

Ich glaube, ab jetzt wird Hatice jede Nacht hierherkommen wollen.

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