: Streit um Öl geht weiter
Auf dem EU-Sondergipfel zur Ukraine in Brüssel können sich die Staats- und Regierungschefs der Länder zunächst nicht auf ein Embargo für russisches Öl einigen
Aus Brüssel Eric Bonse
Die Europäische Union will ihre finanzielle und militärische Hilfe für die Ukraine ausweiten. Das Land muss aber weiter auf den erhofften EU-Beitritt warten. Darüber solle erst im Juni entschieden werden, hieß es bei einem EU-Sondergipfel am Montag in Brüssel. Überschattet wurde das zweitägige Treffen vom Streit über ein Ölembargo gegen Russland.
Das Einfuhrverbot für russisches Öl sollte ursprünglich schon Anfang Mai verhängt werden – als Teil des sechsten Sanktionspakets. Ungarn und einige andere EU-Staaten stellten sich jedoch quer. Sie sind von dem Öl abhängig, das über die Druschba-Pipeline aus Russland nach Europa fließt, und fordern massive Finanzhilfen aus Brüssel.
Auch ein Kompromiss, den die EU-Kommission am Sonntag vorgelegt hatte, brachte zunächst keine Lösung. Demnach soll die Druschba-Pipeline vorerst von dem Embargo ausgenommen werden. Dies kommt zwar Ungarn entgegen, könnte jedoch zu Wettbewerbsverzerrungen in Belgien und den Niederlanden führen, wo das Öl eingeschifft wird. „Die Pipeline-Lösung ist nicht schlecht, aber wir haben überhaupt keine Einigung“, sagte Ungarns Regierungschef Viktor Orbán. Die EU-Kommission habe die Blockade selbst verschuldet, weil sie Sanktionen angekündigte, ohne sich um Lösungen zu bemühen. Auch jetzt gebe es noch Probleme. So brauche Ungarn neue Garantien für den Fall, dass Druschba ausfällt – etwa durch einen „Unfall“. Zuvor hatte es Anschlagsdrohungen in Kiew gegeben.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dämpfte die Erwartungen. Während des Gipfels sei noch keine Einigung zu erwarten, sagte die CDU-Politikerin. Optimistischer zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz. „Alles, was ich höre, klingt danach, als ob es einen Konsens geben könnte“, sagte Scholz vor Beginn des Sondergipfels. „Und früher oder später wird es den dann auch geben.“ Ob dies bis zum Ende des EU-Gipfels am Dienstag gelingen werde, ließ der SPD-Politiker offen.
Französischer Journalist Im Donbass ist am Montag der französische Reporter Frédéric Leclerc-Imhoff getötet worden. Der Mitarbeiter des TV-Senders BFMTV begleitete eine Evakuierung von Zivilisten aus der heftig umkämpften Stadt Severodonezk. Nach ukrainischen Angaben wurde der Konvoi von russischen Truppen gezielt beschossen. Der Reporter trug eine kugelsichere Weste, aber starb durch einen Kopfschuss. Die Evakuierung wurde gestoppt.
Panzerfahrzeuge für Ukraine Währenddessen kündigte Frankreichs neue Außenministerin Catherine Colonna in Kiew die Lieferung von Haubitzen des Typs Caesar an. Polen übergab am Montag 18 Haubitzen an die Ukraine, aus Großbritannien sind 80 Wolfhound-Panzerfahrzeuge unterwegs. (taz)
Im vorläufigen Entwurf für den Gipfelbeschluss ist das Ölembargo immerhin schon enthalten. Die EU sagt der Ukraine zudem eine Finanzhilfe von bis zu 9 Milliarden Euro in diesem Jahr sowie langfristige Hilfe für den Wiederaufbau zu. Die Finanzierung ist aber noch unklar.
Ein finanziell sehr großzügiger Vorschlag der EU-Kommission stieß auf massive Vorbehalte, auch in Deutschland und Frankreich. Über den Wiederaufbau könne man erst nach dem Ende des Krieges entscheiden, sagte ein Diplomat.
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