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Ex-Ministerpräsident vor Gericht

Dem tschechischen Ex-Regierungschef Andrej Babiš wird im Fall seiner Luxusresidenz Beihilfe zum Subventionsbetrug vorgeworfen. Seitdem reist er im Wohnmobil durch das Land

Aus Prag Alexandra Mostyn

Seit knapp einem Monat ist Tschechiens Ex-Ministerpräsident Andrej Babiš im Wohnmobil auf Achse. Statt dröger Sitzungen im Prager Abgeordnetenhaus, dem er nach seiner knappen Wahlschlappe vergangenen Herbst, als Vorsitzender der ANO-Partei weiterhin angehört, lebt der 67-Jährige lieber das Abenteuer Landstraße. „Ich kehre zurück ins Jahr 2013, als ich auch durch die ganze Republik gereist bin“, lachte Babiš bei seiner Abfahrt Mitte Mai noch in die Kameras.

Im Januar 2023 wird dann ein neues Staatsoberhaupt gekürt. Davor stehen im September Kommunalwahlen an. Damit habe seine neu entdeckte Reiselust aber nichts gemein, er wolle zurück zu den Wurzeln, den Anfängen seiner politischen Karriere. Doch daraus wird wohl nichts, denn jetzt holt Andrej Babiš die Vergangenheit ein.

Spätestens über Pfingsten muss die Justiz entschieden haben, dass die Zeit der Hinterzimmerabsprachen für Andrej Babiš vorbei ist. Sein Antrag beim Prager Stadtgericht, den Fall seiner Luxusresidenz „Storchennest“, in einer nicht öffentlichen Verhandlung zu bereinigen, ist am Dienstag gescheitert. Dabei war schon am Tag zuvor bekannt geworden, dass Richter Jan Šott den Verhandlungsbeginn auf den 12. September gelegt und dazu eigens den größten Verhandlungssaal des Justizpalastes in der Prager Neustadt reserviert hatte.

Babiš wird Beihilfe zum Subventionsbetrug vorgeworfen. Einstehen muss für den Betrug seiner Ex-Angestellte Jana Nagyová-Mayerová, deren Unterschrift unter den mutmaßlich betrügerischen Subventionsanträgen prangt. Die Staatsanwaltschaft fordert für beide eine dreijährige Haftstrafe, ausgesetzt auf fünf Jahre Bewährung. Außerdem zehn Millionen Kronen (rund 400.000 Euro) Geldstrafe für Babiš und 500.000 Kronen (20.000 Euro) von der früheren Managerin, die auch kommunalpolitisch in der ANO-Bewegung aktiv war. 2016 bis 2018 bekleidete sie das Amt der Vize-Bürgermeisterin von Jihlava (Iglau), der Geburtsstadt Gustav Mahlers.

Das „Storchennest“ war eigentlich gedacht als eine Art Hazienda im Prager Speckgürtel, inklusive Reithalle, Zoo und Sternerestaurant. Was Babiš in seinem Sehnsuchtsjahr 2013 ausgewählten Diplomaten noch als „das beste Projekt, dass er sich je ausgedacht hat“ rühmte, muss inzwischen zu seinem persönlichen Albtraum geworden sein.

Denn im Grunde genommen geht es um Geld, dass Babiš aus der Portokasse seiner Agrofert Holding hätte nehmen können: umgerechnet zwei Millionen Euro EU-Gelder. Gerade deswegen muss Babiš jetzt vierzehn Jahre später vor Gericht: Die Subventionen waren für klein- und mittelständische Firmen gedacht. Die soll Babiš sich ausgedacht und mit Hilfe von Familienangehörigen fingiert haben, um an die zwei Millionen Euro Subventionen zu gelangen.

Hier handele sich um ein politischen Prozess, verteidigt sich Babiš. Eine Straftat, so das Argument seiner Verteidigung, sei es jedenfalls nicht. Die ganze Causa habe ihn, seine Familie und gegenwärtige wie ehemalige Kollegen „beschmutzt“, beschwert er sich.

Schon jetzt scheint klar, dass es mit seinen Plänen um eine Präsidentschaftskandidatur nichts mehr wird. Als Angeklagter in einem Strafverfahren darf Babiš gar nicht am Wahlkampf um das höchste Amt im Staat teilnehmen. Der Prozess soll mindestens bis Mitte Oktober laufen. „Ich habe niemals eine Straftat begangen und was diese 15 Jahre alte Sache betrifft, bin ich bereit, dies vor Gericht zu belegen“, sagte Babiš.

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