Fahrraddiebstahl in der Stadt: Rad weg, Polizei da. Ein Protokoll

Glücklich, wer die Polizei für die Wiederbeschaffung des geklauten Rades anheuern kann. Blöde nur, wenn der Dieb gar nicht der Dieb war.

Ein Mann in gelber Schutzweste schiebt zwei Fahrräder

Die Polizei sollte man nur bemühen, wenn es tatsächlich das eigene Rad war, das der Hehler verhökert Foto: Daniel Bockwoldt/ dpa

HAMBURG taz | „Ich hatte ein Rad, einen Stadtflitzer, den ich von meinem Papa bekommen hatte, das sehr gut lief. Ich hatte lange keins gehabt und wirklich Spaß damit. Es wurde mir kurz danach geklaut, das war sehr frustrierend. Wir hatten am Tag davor abends noch eine Fahrradtour gemacht, und am nächsten Morgen war es weg. Mich hat dann der Ehrgeiz gepackt, ich hing an dem Rad und dachte, jetzt zeigst du es mal der Statistik, und habe angefangen, bei Ebay-Kleinanzeigen zu suchen. Vielleicht ist ja jemand so doof und stellt das direkt ein. Und witzigerweise habe ich es dort zwei Tage später gefunden.

Dann habe ich ein paar Freunde mobilisiert: Wir müssen unbedingt den Zuschlag kriegen. Parallel habe ich bei der Polizei angerufen und denen erklärt, dass ich mein gestohlenes Fahrrad auf Ebay gefunden habe, was denen erst mal völlig egal war. In meinem Kopf war klar: Wir gehen da jetzt hin und holen es einfach!

Das haben die ein bisschen anders gesehen, aber durch ein paar Telefonate habe ich es geschafft, die Zivilpolizei auf meine Seite zu kriegen. Normalerweise machen die so etwas nicht, dann war ja auch noch sehr kurzfristig, und eigentlich ging es auch nicht um 18 Uhr, weil sie erst ab 19 Uhr im Einsatz waren. Aber es hat geklappt, warum auch immer.

Ich habe mich dann mit den drei Zivilpolizisten, die extra früher ihren Dienst angetreten haben, zur Einsatzbesprechung auf einem Parkplatz getroffen. Sie sahen leider wirklich so aus, wie man es bei Zivilpolizisten vermutet, mit Käppi, betont unauffällig. Der Plan war, dass zwei von hinten an den Treffpunkt kommen und ich mit dem anderen zum Verkäufer gehe. Das Codewort für den Zugriff war: Ich möchte das Fahrrad kaufen – falls es meines ist. Es war dann halt dummerweise nicht meins.

Irgendwann war es der Polizei zu doof

Du siehst direkt: Scheiße, das geht nicht gut aus für mich, das ist nicht mein Fahrrad. Ich sagte, nee, ich will das Fahrrad nicht kaufen, es gab ein Hin und Her, und irgendwann war es dem Polizisten zu doof, und sie haben gesagt: Hier ist Polizei, was ist los mit dem Fahrrad?

Den Verkäufer haben sie festgenommen, es war nicht sein Fahrrad, und er hatte keinen Ausweis dabei. Er tat mir leid, es war ein obdachloser Jugendlicher, der das für irgendjemanden weiterverkauft hat. Dann haben sie mich letztlich auch noch enttarnt. Am Anfang stand ich noch da, als wäre ich einer von denen, und dann wurde ich eher unehrenhaft entlassen: Sie können dann jetzt gehen.

Die Freundin, die für mich auf Ebay geboten und den Zuschlag bekommen hatte, hat am nächsten Tag noch eine beleidigende Nachricht bekommen. Das Fahrrad ist nie wieder aufgetaucht. Es war mein liebstes überhaupt, und seinetwegen war ich zwei Tage lang emotional Privatdetektiv gewesen.“

Bernd Hansen (37) lebt in Norddeutschland und kauft gerade ein neues Rad, das nie so gut laufen wird wie das alte.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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