Gewalt und Proteste in Sri Lanka: Zorn mit tödlichen Folgen

In Sri Lanka führt der Frust der Menschen über die Regierung zu Gewalt. Mehrere Menschen sterben, Ex-Premier Rajapaksa ist untergetaucht.

Ausgebrannte Wagen in einem Gewässer, dahinter Hochhäuser

Aufruhr in Colombo: Fahrzeuge von Unterstützern der Regierungspartei wurden ins Wasser gestoßen Foto: Dinuka Liyanawatte/reuters

MUMBAI taz | Als Brandstifter wird Mahinda Rajapaksa mittlerweile bezeichnet. Bevor Sri Lankas Ex-Premier zu Beginn der Woche seinen Rücktritt ankündigte, sollen seine An­hän­ge­r:in­nen friedlich Demonstrierende in der Hauptstadt Colombo oder im zentral gelegenen Kandy attackiert haben. Landesweit hatten sich gegen Präsident Gotabaya Rajapaksa gerichtete „Gota-Go“-Lager („Hau ab, Gotabaya“-Lager) gebildet.

Doch dann schlug der Unmut der Protestierenden in Gewalt um. Seitdem sind mindestens sieben Menschen gestorben (ein Suizid unter einem SLPP-Politiker), über 200 Menschen wurden verletzt.

Seit Wochen waren religionsübergreifend Menschen zusammengekommen, um gegen Misswirtschaft, Korruption und für den Rücktritt der Familie Rajapaksa aus ihren politischen Ämtern ihre Stimme zu erheben. Viele machen Gotabaya Rajapaksa und seinen Bruder Mahinda, die Hardliner hinter der buddhistisch-nationalistischen Volksfront SLPP, für die schwerwiegende Wirtschaftskrise verantwortlich. Seit 2019 teilten sich die Brüder die Ämter des Präsidenten beziehungsweise des Premierministers.

Diese Unzufriedenheit mit der Regierung unter Führung des Rajapaksa-Clans schlug nun in einigen Teilen des Inselstaates in Wut um. Mehrere Wohnhäuser von Po­li­ti­ke­r:in­nen der SLPP wurden in Brand gesetzt. Auch Fahrzeuge und mindestens ein Luxushotel wurden schwer beschädigt. Laut des sri-lankischen Ex-Provinzgouverneurs und Direktors des Zentrums für Menschenrechte und Forschung, Rajith Keerthi Tennakoon, sei die Situation außer Kontrolle geraten.

„Solange Gotabaya nicht bereit ist, zurückzutreten, wird die Lage weiter eskalieren“, so Tennakoon zur taz. Er erinnert daran, dass die Hauptforderung der Demonstranten der Rücktritt des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa sei. Doch dafür gibt es keine Anzeichen. Im Gegenteil. Am Freitag ließ der Präsident den Ausnahmezustand ausrufen, am Montag wurde inselweit eine Ausgangssperre bis Mittwochfrüh angeordnet, die dann noch einmal bis Donnerstag verlängert wurde. Das Militär erhielt Sonderbefugnisse für Festnahmen und Hausdurchsuchungen.

Demonstranten blockieren Weg zum Flughafen

Beobachter vermuten, dass Gotabaya Rajapaksa weiter auf eine Übergangsregierung unter seiner Leitung spekuliert. Oppositionspolitiker wie Sajith Premadasa (SJB) haben eine Beteiligung aber ausgeschlossen. Sie wollen erst politisch Verantwortung übernehmen, wenn Gotabaya sich zurückzieht. „Die Lage ist mehr als ernst. Wir haben absolut keine Mittel – weder Dollar noch Rupien. Es wird eine gigantische Herausforderung für jeden sein, Sri Lanka zu retten“, schrieb Harsha de Silva (SJB) auf Twitter.

Unterdessen kursieren Gerüchte, dass der ehemalige Premierminister Mahinda Rajapaksa mit Angehörigen zum nordöstlichen Marinestützpunkt Trincomalee geflüchtet sei. Im Netz zirkulieren Videos mit aufgebrachten Menschen, die die Familie Rajapaksa als Diebe ausbuhen. „Wir haben keine Angst vor Kugeln“, rufen sie.

Die Demonstranten fordern, dass er und seine Familie für die Krise verantwortlich gemacht und festgenommen werden. Zur selben Zeit wird die Route zum internationalen Flughafen Katunayake (Westprovinz) von Demonstranten blockiert, die die Abgeordneten hindern, das Land zu verlassen.

Es wird viel Kritik an der Polizei geübt, da sie die Zusammenstöße am Freitag nicht verhindert hatte. Die Menschenrechtsaktivistin Marisa de Silva geht davon aus, dass die Regierenden die Krise hätten kommen sehen müssen. Die Forderung des Volkes, dass der Präsident zurücktreten müsse, sei eindeutig. Alles weitere liege nun in den Händen der Regierung.

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