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Pastor will nicht als Homofeind dastehen

Der streng konservative Bremer Pastor Olaf Latzel wurde wegen Volksverhetzung verurteilt. Doch er legte Berufung ein. Am Montag begann die Verhandlung

Der wegen Volksverhetzung verurteilte konservative evangelische Pastor Olaf Latzel hat sich in einer Berufungsverhandlung gegen den Vorwurf gewehrt, er wolle homosexuelle Menschen ausgrenzen. Die Bibel stufe Homosexualität klar als Sünde ein, unterscheide aber zwischen der Sünde und dem Sünder, sagte der 54-Jährige am Montag vor dem Landgericht Bremen.

„Mein Glaube ist an die Bibel gebunden.“ Er sei aber zutiefst gegen die Ausgrenzung von Menschen: „Auch Homosexuelle gehören ganz selbstverständlich zu unserer Gemeinde.“ Latzel ist Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde.

Das Bremer Amtsgericht hatte ihn im November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von insgesamt 8.100 Euro verurteilt. Latzel hatte sich in einem Eheseminar im Oktober 2019 vor 30 Paaren abwertend über Homosexualität und Genderformen geäußert. Eine Audiodatei des Seminars war kurzzeitig auf Youtube eingestellt worden.

Am Montag verlas der zuständige Richter zu Beginn des Verfahrens das Urteil des Amtsgerichtes und Zitate aus den Aufzeichnungen. Demnach hatte Latzel unter anderem gesagt, Homosexualität sei eine „Degenerationsform von Gesellschaft“. Er warnte vor einer „Homolobby“: „Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch.“

Die Staatsanwaltschaft und auch die Richterin hatten im Prozess 2020 einige der Aussagen als geeignet gesehen, „den öffentlichen Frieden zu stören“ und zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln, die „von der angeblich allein richtigen zweigeschlechtlichen und heterosexuellen Norm abweichen“.

Die Äußerungen des Pastors seien zwar äußerst scharf, räumte Verteidiger Böttner in der Begründung für die Berufung ein. Sie seien aber von den Grundrechten der Meinungsäußerung und der Religionsfreiheit gedeckt. Zudem habe er nicht zum Hass angestachelt und niemanden persönlich angegriffen, sondern lediglich gesellschaftliche Konzepte kritisiert.

Bei der Bremischen Evangelischen Kirche läuft ein Disziplinarverfahren gegen Latzel, das aber solange ruht, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Für die Verhandlung sind vier Prozesstage angesetzt. Am 20. Mai soll das Urteil gesprochen werden.

Vor fünf Jahren war schon einmal der Vorwurf der Volksverhetzung gegen Latzel erhoben worden. Damals hatte er seinen Aggressionen gegen Katholizismus, Buddhismus und Islam freien Lauf gelassen. Das Verfahren wurde eingestellt. (taz/dpa/epd)

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