Immer wieder Neues beim DFB: Die heilige Allianz

WDR-Sportchef Steffen Simon soll jetzt das Image des Deutschen Fußball-Bundes aufbessern. Zu tun gibt es einiges.

Portrait

Steffen Simone, neuer Chef der Direktion für „Öffentlichkeit und Fans“, beim Deutschen Fußball-Bund Foto: Arne Dedert/dpa

Na, das ist doch mal ne Meldung! WDR-Sportchef Steffen Simon, der oberste Fußball-Strippenzieher der ARD, verlässt das Reich der Öffentlich-Rechtlichen. Er kehrt dem Fernsehen komplett den Rücken. Obwohl er beim WDR wahrscheinlich noch so eine Porschefahrer-Altersversorgung hat, die heutige Re­dak­teu­r*in­nen sportlich unfair werden lässt. Der 57-Jährige geht dahin, wo der Ball wirklich noch rollt, und wird Direktor für „Öffentlichkeit und Fans“ des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Wozu die Öffentlichkeit einen Direktor braucht und die Fans erst recht, ließe sich jetzt fragen. Aber gemeint ist mit dem neuen Job natürlich „Corporate Communications“. Simon darf sich also ums Image des DFB kümmern. Kein ganz leichtes Unterfangen, schließlich hat sich der Verband in den letzten Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Da war der Skandal um die WM-Vergabe 2006, bei der mehr als bloß Schiebung im Spiel war.

Ziemlich unbemerkt rettete hier übrigens Corona den damaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. 2019 begann ein Betrugsprozess in der Schweiz, wurde wegen der Pandemie ausgesetzt, und mittlerweile ist das Ganze praktischerweise verjährt. Zwanzigers Nachfolger Wolfgang Niersbach wurde dagegen wegen des WM-Betrugs sogar von der selbst gar nicht korrupten Fifa gesperrt. Dann kam Reinhard Grindel. Der brach schon mal gerne das Interview ab, wenn ihm Fragen nicht passten. Weil Grindel „vergaß“, Nebeneinkünfte anzugeben, war 2019 dann auch wieder Schluss. Das Skandalometer bediente danach Fritz Keller, bis der letztes Jahr DFB-Vize Rainer Koch mit Nazi-Richter Roland Freisler verglich. Vor knapp zwei Wochen kürte der Verband Bernd Neuendorf zum neuen DFB-Chef. Bislang hält er sich wacker.

Neuendorf und Simon sollten gut miteinander klarkommen. Schließlich ist der neue DFB-Boss auch gelernter Journalist. Und war sogar mal stellvertretender Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung aus Halle (Saale), bevor er in der SPD eine mittelsteile Polit-Karriere (Sport-Staatssekretär in NRW) machte.

So funktioniert eben die Phalanx, die Fußball auf Rundfunkbeitragskosten als Menschenrecht festschreibt. Und weil es das Fachblatt Medienkorrespondenz nicht mehr gibt, kriegt wahrscheinlich künftig auch niemand mehr raus, was die ARD für die Liga wirklich zahlt.

„Ist das Grundbedürfnis der Menschen auf Fußball gemeint? Ach nee, das der Männer!“, sagt die Mitbewohnerin. „Da ist die heilige Allianz ja wieder männlich unter sich, oder wann wird der Fußball weiblich?“ Das könnte bestimmt Simons Vorgängerin Mirjam Berle beantworten, die letztes Frühjahr entnervt von den Intrigen der Fußball-Männchen hinwarf.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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