Ukraines Präsident vor US-Kongress: „Schließt den Himmel“

In einer emotionalen Rede hat der ukrainische Präsident Selenski versucht, die Amerikaner von einer Flugverbotszone zu überzeugen.

Videoübertragung: Selenskyi auf einem großen Bildschirm vor den Kammern des US-Kongresses

Standing Ovations für Selenski: Am Mittwoch sprach der ukrainische Präsident vor dem US-Kongress Foto: J.Scott Applewhite via ap

BERLIN taz | Ukraines Präsident Wolodomir Selenski hat bei einer Videoansprache vor beiden Kammern des US-Kongresses am Mittwoch alle Register gezogen, um die USA doch noch davon zu überzeugen, im ukrainischen Luftraum eine Flugverbotszone durchzusetzen – oder der Ukraine zumindest stärkere Flugabwehrsysteme oder Kampfflugzeuge zu schicken.

Selenski begann seine Ansprache auf Ukrainisch. Seine Stadt, sein Land seien unter Beschuss, gäben aber nicht auf. In der Ukraine würde nicht nur das Land, sondern Freiheit und Demokratie vereidigt. Er erinnerte die US-Amerikaner*innen an den japanischen Angriff auf Pearl Harbor 1941 und die Anschläge vom 11. September 2001 – Momente also, wo sie selbst angegriffen worden waren.

Diese Erfahrung mache die Ukraine seit nunmehr drei Wochen und erleide einen Bombenterror, wie ihn Europa seit 80 Jahren nicht mehr erlebt habe. Der Himmel über der Ukraine sei zu einer Todeszone geworden – sei es da wirklich zu viel verlangt, eine Flugverbotszone durchzusetzen?

Wenn das nicht ginge, dann mögen doch wenigstens die Alternativen zur Verfügung gestellt werden, damit sich die Ukraine verteidigen könne: mächtigere Flugabwehrsysteme als die bislang gelieferten, Kampfflugzeuge. „Ich brauche etwas“ – (I have a need), sagte Selenski, und falls die Anspielung nicht verstanden worden sein sollte, erklärte er noch zusätzlich, dass er damit an Martin Luther Kings „I have a dream“-Rede von 1963 anknüpfe.

Selenski bedankte sich zwar ausdrücklich bei den USA und Präsident Joe Biden für die bisherige Unterstützung – erst am Tag zuvor hatte Biden weitere Militärhilfe in Höhe von 800 Millionen US-Dollar angekündigt. Aber das reiche nicht. Wer auch nur mit einen Cent zur Finanzierung des russischen Krieges beitrage, gehöre dafür abgestraft. Absolut alle US-Unternehmen sollten sich sofort aus Russland zurückziehen; „Frieden ist wichtiger als Umsatz“, sagte Selenski.

Selenski zielt auf die Gefühle

Ausgehend von der Resolution der UN-Generalversammlung, die mit großer Mehrheit den russischen Angriffskrieg verurteilt hatte, forderte Selenski eine internationale Allianz unter der Führung der USA, die zukünftig den Erhalt des Friedens durchsetze, aber auch andere globale Bedrohungen wie Naturkatastrophen oder Pandemien bekämpfen könne.

Dann startete Selenski auf seinem Laptop ein Video, das voll auf die Gefühle zielte: Unter dramatischer Musik wurden zunächst Bilder der heilen Vorkriegswelt gezeigt, dann Einstellungen von Bombeneinschlägen, weinenden Menschen, Flüchtetenden und immer wieder weinenden und verletzten Kindern. Der Clip endete mit dem Slogan „Close the sky over Ukraine“ – schließt den Himmel über der Ukraine.

Im letzten Teil seiner Rede sprach Selenski dann auf Englisch direkt zum Kongress. Er sei jetzt fast 45 Jahre alt, sagte er, aber er sehe keinen Sinn im Leben, wenn man den Tod nicht stoppen könne. An Joe Biden appellierte er: Bitte seien Sie der Leader der Welt, der Anführer für den Frieden. Da mögen sich viele im Saal ihren Teil gedacht haben. Stehende Ovationen von allen Teilen gab es dennoch.

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